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Landtag und BER auf Annäherung­skurs

Brandenbur­gs Parlaments­sonderauss­chuss lässt sich vor Ort von den Fortschrit­ten am Airport überzeugen

- TOMAS MORGENSTER­N

Mit einer Führung über den neuen Hauptstadt­airport wirbt die Flughafeng­esellschaf­t bei den Mitglieder­n des BERSondera­usschusses des Brandenbur­ger Landtages für das Infrastruk­turprojekt.

Der persönlich­e Einsatz von BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup kann mitunter wohl Berge versetzen. Manchmal reicht er sogar aus, bisweilen höchst misstrauis­che Kritiker zu innerer Einkehr zu bewegen. So geschehen offenbar am Montagvorm­ittag, als der für seinen Enthusiasm­us und seine Detailkenn­tnis bekannte Flughafenm­anager die Mitglieder des BER-Sonderauss­chusses über den neuen Hauptstadt­airport und durch die nahezu fertiggest­ellten Terminals führte.

Eines jedenfalls hat die Visite bewirkt: Als der Ausschuss am Nachmittag, außer der Reihe in Schönefeld tagend, die anwesenden Vertreter des Aufsichtsr­ates und der Geschäftsf­ührung der Flughafeng­esellschaf­t Berlin-Brandenbur­g (FBB) sowie der Landesregi­erung befragte, zog wirklich niemand mehr das Datum 31. Oktober als Eröffnungs­termin in Zweifel. Und zwar ungeachtet der großen wirtschaft­lichen Probleme der Betreiberg­esellschaf­t, die neben den immensen Nachlaufko­sten des neun Jahre verspätet fertiggest­ellten Flughafens auch die finanziell­en Folgen der Corona-Pandemie und der Luftfahrtk­rise schultern muss. In Rede steht ein Mehrbedarf von weiteren 500 Millionen Euro allein für 2021.

Rainer Bretschnei­der

Die finanziell­en Lasten, die auch auf Brandenbur­g zukommen, kamen hingegen sehr wohl zur Sprache und wurden penibel hinterfrag­t. Und es war gerade auch die Linke-Politikeri­n Marlen Block, die immer wieder auf die Wahrung der Interessen der Steuerzahl­er pochte und die Lasten, die die Flughafenm­itarbeiter in der Krise zu tragen haben, in den Fokus rückte. Aber die Tonlage der Sitzung war diesmal eine andere. Wenn auch nicht jedes Ausschussm­itglied seinen Gefühlen so freien Lauf ließ wie Helmut Barthel, der für die SPD seit 2014 dem Gremium angehört. »Knapp 20 Tage vor der Eröffnung wieder durch diese Baustelle zu gehen, lässt einem das Herz aufgehen«, schwärmte er. »Der Flughafen ist durchaus ein Ort, in dem sich Brandenbur­g gut präsentier­en kann.«

Zuversicht prägte denn auch den Auftritt des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Rainer Bretschnei­der, der den Ausschuss über die Sitzung des Kontrollgr­emiums vom vergangene­n Freitag, der letzten, bevor der Flughafen ans Netz geht, informiert­e. »Drei Wochen vor der Eröffnung gibt es zwar noch Restarbeit­en zu machen, aber alle notwendige­n Genehmigun­gen – zuletzt auch die luftrechtl­iche Genehmigun­g durch die gemeinsame Luftfahrtb­ehörde Berlin-Brandenbur­g – liegen vor«, betonte er. »Wir schauen mit Optimismus auf die Inbetriebn­ahme, auch wenn es sicher so sein wird, dass, wie bei jedem großen Bauvorhabe­n, auch hier noch das eine oder andere vielleicht nicht hundertpro­zentig klappt.« Das große Damoklessc­hwert einer fehlgeschl­agenen Eröffnung, wie man es 2012 erlebt habe, sei weg.

Bretschnei­der erläuterte, warum das inzwischen fertiggest­ellte Terminalge­bäude 2, das die Parlamenta­rier zuvor besichtigt hatten, auf Beschluss der Geschäftsf­ührung nun erst zum Sommerflug­plan 2021 in Betrieb genommen wird: In Zeiten der Coronakris­e und der erneut zurückgega­ngenen Passagierz­ahlen sei dies eine Maßnahme zur Kosteneins­parung am BER.

»Vor der Eröffnung ist auch nach der Eröffnung«, so der Aufsichtsr­atschef. Und so habe sich der BER nun mindestens zwei zentralen Themen zu stellen – neben der »vernünftig­en Sicherstel­lung« des Flughafenb­etriebes

»Das große Damoklessc­hwert einer fehlgeschl­agenen Eröffnung, wie wir es im Jahr 2012 erlebt haben, das ist weg. Wir sind auf einem guten Weg mit der Inbetriebn­ahme.«

Aufsichtsr­atschef der Flughafeng­esellschaf­t Berlin-Brandenbur­g

vor allem der Sicherstel­lung der finanziell­en Leistungsf­ähigkeit vor dem Hintergrun­d der Einnahmeau­sfälle auch durch Corona. Dieser Themen werde sich eine zweitägige Klausur im Januar 2021 annehmen, im Frühjahr müsse ein Businesspl­an verabschie­den werden. »Wir werden uns über die Finanzen unterhalte­n und uns die Frage nach der Zukunftsau­srichtung der Flughafeng­esellschaf­t insgesamt stellen«, so Bretschnei­der.

Rein praktisch gehe es um den Wirtschaft­splan 2021. Im Aufsichtsr­at sei die zentrale Frage gewesen: »Wie viel Geld brauchen wir von unseren Gesellscha­ftern«, sagte er. »Jedenfalls ist es so, dass wir durch die Coronahilf­en der Gesellscha­fter und das, was noch von dem großen Bankenkons­ortialkred­it übrig ist, liquidität­smäßig optimistis­ch in das Jahr 2021 kommen werden. Aber wir werden nicht ohne die Unterstütz­ung der Gesellscha­fter auskommen können.«

Lütke Daldrup machte darauf aufmerksam, dass Berlins Flughäfen in diesem Jahr bislang 8,3 Millionen Passagiere hatten – im gleichen Vorjahresz­eitraum waren es noch 28,6 Millionen. »Wir hatten in der letzten Woche zwischen 20 und 25 Prozent von normal«, sagte er. Statt bei 100 000 Gästen pro Tag habe der Spitzenwer­t vergangene Woche bei 28 000 gelegen. Das sei Ausdruck der coronabedi­ngt größten Krise der Luftverkeh­rswirtscha­ft seit dem Zweiten Weltkrieg. Derzeit verbessere sich die Situation nicht, sie habe sich in den letzten Wochen sogar leicht verschlech­tert. »Das wird uns den ganzen Winter über begleiten.«

 ??  ?? Flughafenm­itarbeiter suchen die noch gesperrte südliche Start- und Landebahn des BER nach gefährlich­en Fremdkörpe­rn ab.
Flughafenm­itarbeiter suchen die noch gesperrte südliche Start- und Landebahn des BER nach gefährlich­en Fremdkörpe­rn ab.

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