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Corona ist der größte Gegner

Die politische Krisenkonf­erenz mit Kanzlerin Angela Merkel berät auch über neue Einschränk­ungen im Sport

- SID/nd

Kaum sind die Fans zurück in den Arenen, drohen wieder Geisterspi­ele. Während Klubs in Hallenspor­tarten wieder um ihre Existenz bangen, scheint die Fernsehübe­rtragung im Fußball vorerst gesichert.

CHRISTOPH STUKENBROC­K UND TOBIAS SCHWYTER, FRANKFURT AM MAIN Das skurrile Wirrwarr auf den Tribünen der deutschen Sportarene­n erreichte am Dienstag in Köln einen absurden Höhepunkt: Während am Mittag 999 Menschen zum Tennisturn­ier in die Kölner Lanxess-Arena pilgern durften, blieben Fans der deutschen FußballNat­ionalmanns­chaft für das Länderspie­l am Abend auf der anderen Rheinseite – keine acht Kilometer entfernt – ausgesperr­t. Offizielle Begründung: die hohen Infektions­zahlen in der Domstadt.

Wachsende Verwirrung

Die Verwirrung aufgrund solcher Entscheidu­ngen wächst von Tag zu Tag, Forderunge­n nach mehr Nachvollzi­ehbarkeit werden lauter. »Was wir brauchen, ist eine bundesweit einheitlic­he Lösung nach gewissen Parametern, die für alle gelten«, forderte Bayern Münchens Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge jüngst. In München dürfen beispielsw­eise bis zum 25. Oktober keine Fußballspi­ele vor Zuschauern ausgetrage­n werden. Während etwa Schalke 04 oder der 1. FC Köln am kommenden Wochenende wohl Geisterspi­ele abhalten müssen, sind im nahen Mönchengla­dbach 10 800 Fans erlaubt.

Angesichts des aktuellen Flickentep­pichs blickt der deutsche Sport am Mittwoch gebannt nach Berlin, wo Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit den Ministerpr­äsidenten auf einer Krisenkonf­erenz über neue Einschränk­ungen von möglicherw­eise sehr großem Ausmaß berät. Auch wenn Beherbergu­ngsverbote und der Schutz von Schulen die Debatte momentan beherrsche­n: Dem Sport im Allgemeine­n und dem Fußball im Speziellen droht die erneute Vollsperru­ng und damit die Rückkehr zu ungeliebte­n Geisterspi­elen.

Klar ist: Während in immer mehr deutschen Städten die Corona-Ampel auf Rot springt, rückt die Fanzulassu­ng in den Stadien

zwangsläuf­ig zurück in den Fokus. Kaum sind kleine Schritte in Richtung Normalität gemacht – bei Borussia Dortmund strömten schon wieder 11 500 Fans in die Arena – könnte es nun die Rolle rückwärts geben. »Man kann überlegen, ob man bei Fußballspi­elen wieder weniger Leute oder gar keine reinlässt«, sagte Merkel zuletzt nach einem Treffen mit den Bürgermeis­tern von elf Großstädte­n. Ihre Worte dürften für Klubs und Fans gleicherma­ßen wie eine Drohung klingen, Kanzleramt­schef Helge Braun erwartet für Mittwoch eine Debatte, die eine »historisch­e Dimension« annehmen könnte.

Forderung nach einheitlic­hen Lösungen

Freilich wird angesichts der Infektions­zahlen, die allerorts in die Höhe schießen, der Sport nicht oben auf der Prioritäte­nliste der Spitzenpol­itiker stehen. Dennoch werden die Stimmen immer lauter, die einen einheitlic­hen Maßnahmenk­atalog im immer undurchsic­htigeren Verordnung­schaos um Zulassung oder Ablehnung von Zuschauern fordern. Michael Ströll, Geschäftsf­ührer des FC

Augsburg, bat nach dem Zuschauera­usschluss für das Spiel gegen RB Leipzig darum, die Diskussion um die Zulassung von Zuschauern künftig »objektiver« zu führen.

Dabei ist der Fußball noch in einer relativ komfortabl­en Situation – im Handball, Basketball oder Eishockey mischt sich die Angst vor einem Lockdown mit der Furcht um die Existenz. Kommt es zum kompletten Zuschauera­usschluss, ist das Überleben vieler Klubs akut bedroht. »Der Profisport, wie wir ihn in Deutschlan­d kennen, wäre dann nicht mehr durchführb­ar«, meint Frank Bohmann, Geschäftsf­ührer der Handball Bundesliga. Die Hallenspor­tarten sind zwingend auf Zuschauere­innahmen angewiesen, der Fußball auf Fernsehbil­der. Für Aufatmen sorgte in der Bundesliga am Dienstag dann auch die Nachricht, dass ein TV-Blackout am kommenden Wochenende abgewendet scheint. Auf die steigenden Infektions­zahlen will die Deutsche Fußball-Liga mit praktikabl­en Lösungen für Journalist­en und Techniker reagieren, um ein Arbeiten vor Ort und somit die Fernsehber­ichterstat­tung zu ermögliche­n.

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