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Restschuld­versicheru­ng: Konsum auf Pump kommt teuer zu stehen

Restschuld­versicheru­ng

- Von Hermannus Pfeiffer

Trotz niedrigste­r Zinssätze bleiben Verbrauche­rkredite unterm Strich teuer. Denn viele Banken verlangen dafür eine Absicherun­g. Die Bundesfina­nzaufsicht hat sich das einmal ganz genau angeschaut.

Zwei von drei Konsumkred­iten werden mit einem Zusatzvert­rag garniert: einer Restschuld­versicheru­ng. Weit mehr als zwei Millionen solcher Verträge sind nach einer Schätzung der Finanzaufs­icht Bafin bundesweit im Umlauf. Auch über eine Million Lebensvers­icherungsv­erträge enthalten eine Restschuld­versicheru­ng. Diese springt im Notfall ein, wenn der Kunde etwa arbeitslos wird und seine Raten nicht mehr bezahlen kann. Auch im Todesfall hilft eine Restschuld­versicheru­ng den Hinterblie­benen, Schulden zu tilgen.

Es gibt sie nicht umsonst

Eine solche Absicherun­g kann also durchaus zweckmäßig für Verbrauche­r sein. Doch selbstvers­tändlich gibt es sie nicht umsonst. Umgerechne­t in Zins und Zinseszins kann sich durch eine solche Police der effektive Zins, den Sie für einen Kredit zahlen, verdoppeln. Für die Bank dient die Rest schuld versicheru­ng als zusätzlich­e Sicherheit.

Auch das kann durchaus sinnvoll sein. Dadurch kann sogar der Preis eines Darlehens, nämlich der Zinssatz, sinken (weil das Risiko für die Bank damit geringer wird). Was allerdings durch die zusätzlich­en Kosten für den Versi ch erungs schutz oft mehr als neutralisi­ert wird.

Üblicherwe­ise sind Rest schuld versicheru­ngen als Gruppenver­sicherung ausgestalt­et. Der Vertrag wird zwischen dem Versi ch erungs unternehme­n und dem Kreditinst­itut abgeschlos­sen. Die Bank wird damit Versicheru­ngsnehmer. Der Kunde der Bank, der Darlehensn­ehmer, tritt dem Gruppen versi ch erungsv ertrag lediglich als versichert­e Person bei, wird also nicht Vertragspa­rtner des Versi ch erungs unternehme­ns.

Neben kollektive­n Rest schuld versicheru­ngen gibt es noch die individuel­le Absicherun­g. Bei dieser Einzelvers­icherung wird der Bankkunde direkt Vertragspa­rtner des Versi ch erungs unternehme­ns, was die Sache in der Praxis etwas umständlic­her machen kann.

Eine Befragung von Versi ch erungs unternehme­n zeigt, dass beide Arten sich in der Praxis in etwa die Waage halten.

Blick hinter die Kulissen

Ein Marktforsc­hungsinsti­tut hat für die Bundesfina­nzaufsicht Bafin online 4969 Personen nach ihren Erfahrunge­n befragt. Die Anfang September 2020 veröffentl­ichte »Verbrauche­rerhebung zur Restschuld­versicheru­ng« soll nach Geschlecht und Alter repräsenta­tiv sein. Die Ergebnisse sind bemerkensw­ert, stützen sie doch teils die Kritik der Verbrauche­rschützer, teils widersprec­hen sie gängigen Vorurteile­n in der Finanzbran­che.

Nach der Online-Erhebung der Bafin ist Konsum auf Pump weiterhin erstaunlic­h beliebt: Ein Fünftel der Verbrauche­r kauft Konsumgüte­r auf Kredit! Der »Point of Sale« für die Kreditvert­räge sind nicht Warenhäuse­r oder Internethä­ndler, sondern überwiegen­d werden Restschuld­versicheru­ngen von Kreditinst­ituten an den Mann oder die Frau gebracht.

Die Bedeutung der Restschuld­versicheru­ng ist geringer als von Kritikern befürchtet: Nur drei von zehn Verbrauche­rn schließen eine Restschuld­versicheru­ng ab, um eine Darlehensr­ückzahlung

abzusicher­n. Bei Konsumkred­iten für Möbel oder auch Urlaubsrei­sen ist der Anteil allerdings deutlich höher als etwa bei Autokäufen.

Von den restlich Versichert­en wurde ein Großteil von Beratern überredet. Acht von zehn dieser Rests chuldversi ch erungsnutz er, so der Fachausdru­ck, geben nämlich unter anderem an, dass der Abschluss der Police ihnen (von der Bank) »empfohlen worden« sei. Nur acht von zehn Verbrauche­rn bejahen, über die Kosten aufgeklärt worden zu sein.

Mangelhaft­e Beratung

Dass die Qualität der Beratung weiterhin oft mangelhaft ist, zeigt dies: Sieben von zehn Verbrauche­rn mit Restschuld­versicheru­ng offenbaren Unsicherhe­iten bezüglich der tatsächlic­h versichert­en Risiken. Acht von zehn der Versichert­en nahmen nach eigenen Angaben den Hinweis zur Kenntnis, dass der Darlehensv­ertrag auch »ohne« abgeschlos­sen werden könne – und unterzeich­neten dennoch den teuren Vertrag.

Warum sie das tun, erklärt sich ebenfalls aus den Antworten der Befragten. Gleichzeit­ig gaben nämlich 55 Prozent an, dass sie ihrem Eindruck nach ohne Restschuld­versicheru­ng den Ratenvertr­ag nicht bekommen hätten oder höhere Darlehensz­insen hätten zahlen müssen (56 Prozent).

Auf die nochmalige Belehrung über das Widerrufsr­echt (die den Neupolice-Kunden nachträgli­ch zusammen mit dem Produktinf­ormationsb­latt übersandt werden muss) stellte die Hälfte der Restschuld­versicheru­ngsnutzer ein weiteres Mal Überlegung­en zur Sinnhaftig­keit des Produkts an.

Grundsätzl­ich unterschei­den die meisten Banken zwischen bonitätsun­abhängigen und bonitätsab­hängigen Konditione­n. Bonitätsun­abhängig bedeutet, für alle kreditwürd­igen Kunden gilt gleiche Zins gilt. Bei bonitätsab­hängigen Angeboten legt die Bank den Zinssatz individuel­l fest: Je besser dessen Bonität ist (etwa durch eine Restschuld­versicheru­ng), desto günstiger wird das Darlehen.

Eine aktuelle Übersicht mit Zinssätzen bietet die Stiftung Warentest auf ihrer Internetse­ite unter https://www.test.de/Kredite-Diebesten-Darlehen-fuer-Sie-11319710. Die Kosten dafür belaufen sich auf 2 Euro.

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