nd.DerTag

Wehrhafte Richterin

- STEPHAN FISCHER

Mit Beata Morawiec ist eine der wichtigste­n Juristinne­n Polens suspendier­t worden

»Oczywiście« – »Natürlich« werde sie gegen die Aufhebung ihrer Immunität Berufung einlegen, erklärt Richterin Beata Morawiec. Warum sie am Montag nicht zur Entscheidu­ng der »Disziplina­rkammer« des Obersten Gerichts nach Warschau kam? »Weil diese Kammer kein Gericht ist. Abgesehen davon hatte ich in Kraków zu urteilen. Aber das interessie­rt dieses Haus mit dubiosem Status ja nicht.«

Dubioser Status – den schreibt eine der prominente­sten Richterinn­en in Polen im Interview mit der »Rzeczpospo­lita« der 2018 durch die PiS-Administra­tion installier­ten Disziplina­rkammer zu. Die hat nicht zum ersten Mal beraten – aber nun zum ersten Mal die Immunität einer Richterin aufgehoben. Es trifft dabei nicht irgendeine Richterin und somit ist dies auch als Signal zu verstehen: Die 1964 in Oświęcim geborene Morawiec ist Vorsitzend­e der Richterorg­anisation »Themis«, die die »Justizrefo­rmen« der PiS immer wieder rügt. Neben der Aufhebung der Immunität wurde sie vom Dienst suspendier­t und ihre Bezüge wurden gekürzt – es sei »sehr wahrschein­lich«, dass sie Korruption­sdelikte begangen habe. Angeblich belastende­s Material tauchte in öffentlich­en Medien auf.

Justizmini­ster und Generalsta­atsanwalt, in Persona Zbygniew Ziobro, ginge es darum, ihren Ruf zu untergrabe­n, so Morawiec. Fachlich ist der 1987 an der Jagellione­n-Universitä­t in Kraków Graduierte­n, die seit 2000 Gerichtspr­äsidentin ist, nicht beizukomme­n. 2019 klagte sie erfolgreic­h gegen Ziobro wegen Verletzung von Persönlich­keitsrecht­en – man einigte sich außergeric­htlich. Von den Justizinst­itutionen indes erwartet Morawiec nichts – vielleicht bringt eine Klage beim Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte etwas. Der EuGH hat Polen längst aufgeforde­rt, die Verfahren der Kammer auszusetze­n – bis geklärt ist, wie unabhängig diese sei.

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