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Tennisspie­lerinnen ohne Turniere

Während die Männer in diesem Jahr noch mehrmals aufschlage­n können, lässt der Verband seine Frauen allein

- SID/nd

Während die Tennisspie­ler in Köln gleich zwei Turniere haben und vor einem vollgepack­ten Herbst stehen, müssen viele Frauen schon Urlaub machen. Die Organisato­ren der WTA-Tour stehen in der Kritik.

TOBIAS SCHWYTER UND PEER LASSE KORFF, FRANKFURT AM MAIN

Wenn sich Laura Siegemund den Turnierkal­ender für den Rest des Jahres anschaut, springt ihr immer wieder ein verflixtes Wort ins Auge: »cancelled«, abgesagt also. Während die männlichen Kollegen um Alexander Zverev derzeit in Köln den Auftakt zu einem vollgepack­ten Tennisherb­st bestreiten, müssen viele Frauen bereits jetzt notgedrung­en die Füße hochlegen und können schon mal ihren Urlaub planen. »Es ist schon recht mager, was angeboten wird«, klagt die 32-Jährige aus Filderstad­t.

Dass im Kalender der Frauentour WTA aufgrund der Corona-Pandemie riesige Lücken klaffen und Ersatzturn­iere im Gegensatz

zu den Männern nur spärlich vorhanden sind, ist für Siegemund zwar erst mal halb so wild. Deutschlan­ds derzeit formstärks­te Spielerin nutzt die Pause, um ihren angeschlag­enen Rücken zu schonen. Doch andernorts ist die Kritik an der WTA umso lauter. »Es ist zum Kotzen, dass die Saison für uns schon vorbei ist«, ätzte die US-Amerikaner­in Sofia Kenin nach dem verlorenen Finale der French Open: »Ich wünschte mir wirklich, dass es noch mehr Turniere gäbe.« Und auch Julia Görges stellte nach ihrem Aus in Paris verwundert fest: »Unser Kalender ist schon recht nackt.«

Zwei Frauenturn­iere, zehn für die Männer

Nur zwei kleinere Turniere stehen noch auf dem Plan. In der kommenden Woche schlagen die Frauen im tschechisc­hen Ostrava auf, ab 9. November wurde kurzfristi­g ein Turnier im österreich­ischen Linz organisier­t. Das ist aber kein Vergleich zur Männertour ATP: Diese kehrte zwar zwei Wochen später aus der Coronapaus­e zurück, bietet aber bis zum Saisonende immerhin noch zehn Turniere an, darunter das Masters in Paris und die ATP Finals in London.

Dabei hätte die WTA durchaus Chancen und genügend Zeit für hochwertig­en Ersatz gehabt, nachdem die lukrative Asientour inklusive des Saisonfina­les in Shenzhen bereits im Juli komplett gestrichen worden war. »Das ist mir auch ein Rätsel. Schon in Deutschlan­d wären wohl noch ein, zwei Turniere möglich gewesen«, sagt Siegemund und unterstrei­cht damit eine Aussage von Barbara Rittner, die Direktorin der beiden Männerturn­iere in Köln, die noch bis 25. Oktober laufen.

»Wir haben Kontakt zur WTA-Tour aufgenomme­n, weil auch bei den Frauen ganz viele Termine frei geworden sind«, verriet Rittner jüngst der Tageszeitu­ng »Kölner Stadt-Anzeiger«. Und schob ebenfalls eine Kritik am Verband hinterher: »Aber sie hat leider zu träge reagiert.« Das machte sich die

ATP zunutze und übernahm gleich beide Turniere – statt Angelique Kerber und Görges gibt es in Köln jetzt gleich die doppelte Menge Zverev.

Keine Kommunikat­ion

Dass sich an der unbefriedi­genden Situation kurzfristi­g etwas ändert, glaubt Siegemund, die zuletzt bei den US Open den Titel im Doppel gewann und beim Sandplatzk­lassiker Paris erst im Viertelfin­ale scheiterte, aber nicht. »Sowohl wir Spieler als auch die Turnieraus­richter brauchen im Vorlauf Zeit für die Planung und Vorbereitu­ng auf ein Turnier«, sagt die Schwäbin. Auch die Kommunikat­ion der WTA erscheint verbesseru­ngswürdig. »Ich habe mehrfach noch mal explizit nachgefrag­t, aber keine neuen Informatio­nen bekommen«, erzählt Siegemund: »Wir kriegen den Turnierpla­n präsentier­t, werden informiert. Die Gründe, warum so ein Loch entsteht und wir quasi joblos sind, werden aber nicht immer thematisie­rt.«

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