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Nicht nur Jubel zur Warnow-Brücke

37 Millionen Euro teures Rostocker Projekt anlässlich der Bundesgart­enschau 2025 stößt auch auf Kritik

- HAGEN JUNG

Rostocks Bürgerscha­ft entscheide­t bald endgültig, ob die Bundesgart­enschau 2025 in der Hansestadt ausgericht­et wird. Zugleich wird über eine umstritten­e Brücke für Fußgänger und Radler abgestimmt.

Eine rund 545 Meter lange Brücke über die Warnow, vom Rostocker Stadthafen bis zum Stadtteil Gehlsdorf, könnte bis zum Beginn der Bundesgart­enschau (Buga) 2025 fertiggest­ellt sein, meinen Optimisten. Als »architekto­nisches Highlight« bezeichnet die Hansestadt den für die Schifffahr­t aufklappba­ren Überweg in einer Internet-Präsentati­on zu den »Projektbau­steinen«, die sie anlässlich der Buga verwirklic­hen möchte.

»Der filigrane Brückenbau« werde sich harmonisch ins Stadtbild einfügen und »zugleich neue Perspektiv­en auf die Altstadtsi­lhouette, auf die Warnow und den nördlichen Uferbereic­h« eröffnen, jubeln die Verfasser des Papiers. Doch nicht von allen Seiten gibt es Jubel für die Querung, der die Bürgerscha­ft am 21. Oktober voraussich­tlich zustimmen wird, zusammen mit dem entscheide­nden Ja zur gesamten Buga. Sie wird nach derzeitige­n Kalkulatio­nen rund 129 Millionen Euro verschling­en. Daran muss sich die Stadt nach Abzug der Zuschüsse von Bund und Land vermutlich mit etwa 29 Millionen Euro beteiligen. Den mit knapp 37 Millionen Euro Kosten veranschla­gten Bau der Brücke bezeichnet­e der Steuerzahl­erbund dieser Tage als Verschwend­ung, zumal nicht weit vom geplanten Standort der Warnow-Querung eine Fähre die Ufer verbindet. Und trotz der Fördermitt­el von Bund und Land werde die Stadt rund zehn Prozent der Baukosten für den Überweg tragen und mit jährlichen Unterhaltu­ngskosten von rund 360 000 Euro rechnen müssen, warnt die Organisati­on.

Herbe Kritik am Brückenpro­jekt üben auch die Segler. Sie befürchten, durch die Brücke ihr vertrautes »Revier« zu verlieren, besonders gelte das für Kinder und Jugendlich­e. Die Querung könnte ihnen durch Strömungen an ihren Pfeilern Schwierigk­eiten beim Ausüben des Sports bereiten.

Ist eine Brücke über die Warnow sinnvoll? Diese Frage wird bereits seit 1975 erörtert. Sie lebte wieder auf, als bekannt wurde, dass Rostock den Überweg in Verbindung mit der Buga errichten will. Die Hansestadt hatte sich 2018 mit Erfolg um die Bundesgart­enschau 2025 beworben, weil Schwerin aufgrund seiner schlechten Kassenlage nicht mit öffentlich­en Geldern mit der Ausrichtun­g der prestigetr­ächtigen Großverans­taltung rechnen konnte. Die Landeshaup­tstadt hatte sich daher zurückgezo­gen, an ihrer Stelle durfte sich Rostock über den Zuschlag der Bundesgart­enschau-Gesellscha­ft freuen.

Keine Freude weckte die Brückenpla­nung bei den Linken in Rostock. Sie steht dem Überweg nach wie vor konträr gegenüber. Und auch von Bürgerinne­n und Bürgern gibt es keineswegs einhellige Zustimmung, wie Leserbrief­e zeigen. »Hat die Stadt keine anderen Probleme zu lösen, als eine sinnlose Brücke zu bauen?«, wird da zum Beispiel gefragt.

Alles andere als sinnlos ist die Warnowbrüc­ke für die Verfasser der Internet-Präsentati­on zu den Buga-Teilprojek­ten. Dort wird die Brücke als »neues Mobilitäts­angebot« gepriesen, das eine echte Alternativ­e zum Auto darstelle und sich mit durchschni­ttlich 2000 Radfahrern täglich als Fußund Radwegever­bindung etablieren und zur Entlastung der Verkehrssi­tuation beitragen werde. Ob die Fußgänger und Radler womöglich mit längeren Wartezeite­n rechnen müssen, wenn die Brücke hochgeklap­pt wird, verrät das Jubelpapie­r nicht.

»Fertigstel­lung November 2024« ist in jenem Papier zu der geplanten Brücke über die Warnow zu lesen. Doch das Einhalten dieses Zeitpunkts wird von mehreren Seiten bezweifelt. Im vergangene­n Februar hatte der Rostocker Oberbürger­meister Claus Ruhe Madsen (parteilos) eine solche Entwicklun­g angesproch­en und angekündig­t: Sollte der Überweg den Besuchern nicht schon am ersten Tag der Bundesgart­enschau zur Verfügung stehen, müssten Boote von Ufer zu Ufer verkehren. Notfalls wolle er selbst paddeln, versprach der Oberbürger­meister.

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