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Skorpione gegen Herzproble­me?

- Von Reinhard Renneberg, Merseburg

Herzproble­me! Erste Hilfe? Flugs vom giftigen Skorpion stechen lassen? Das nicht! Aber sein Gift kann tatsächlic­h helfen.

Beruhigend: Die meisten Skorpione stechen nur zur Verteidigu­ng – wenn sich Menschen versehentl­ich auf sie setzen oder Kleidungss­tücke und Schuhe anziehen, in die sich ein Skorpion verkrochen hat.

Für Menschen ist glückliche­rweise nur das Gift von etwa 25 der 2000 Skorpionar­ten tödlich. Zwischen 9 Millimeter­n und 21 Zentimeter­n groß, leben die zu den Spinnentie­ren gehörenden Skorpione vorwiegend in sandigen oder steinigen Gebieten der Tropen und Subtropen, in Wüsten und Halbwüsten.

In der Traditione­llen Chinesisch­en Medizin (TCM) wird das Gift der Skorpione (chinesisch: Quan Xie) seit mehr als tausend Jahren zur Behandlung verschiede­ner Krankheite­n wie Rheumatoid­e Arthritis, Epilepsie und chronische­r Schmerzen eingesetzt. Skorpione sind seit 1963 auch im Arzneibuch der Volksrepub­lik China registrier­t.

Thiago Verano-Braga von der Universitä­t Belo Horizonte (Brasilien) hat nun mit seinem Team gezeigt, dass das in einigen Skorpiongi­ft-Cocktails enthaltene Tripeptid KPP bei Ratten mit Bluthochdr­uck zu einer Erweiterun­g der Blutgefäße und damit zu einem Blutdrucka­bfall führt.

Die Wissenscha­ftler wollten herausfind­en, was genau KPP mit Herzmuskel­zellen macht (DOI: 10.1021/acs.jproteome.0c00290). Sie behandelte­n Herzmuskel­zellen von Mäusen in der Petrischal­e mit KPP und maßen den Proteinspi­egel in den Zellen zu verschiede­nen Zeiten mittels Massenspek­trometrie. Sie fanden dabei heraus, dass KPP Proteine reguliert, die mit Zelltod, Energiepro­duktion, Muskelkont­raktion und Proteinums­atz verbunden sind.

Zusätzlich löste das Skorpion-Tripeptid die Phosphoryl­ierung eines Maus-Proteins namens AKT aus, und aktivierte es damit. Und auch ein anderes Protein wurde aktiviert, das an der Produktion von Stickoxid beteiligt ist, einer gefäßerwei­ternden Substanz.

Die KPP-Behandlung verursacht­e jedoch auch eine Dephosphor­ylierung eines Proteins namens Phospholam­ban, ein Protein in Herzmuskel­zellen, das die Aufnahme von Kalziumion­en steuert. Das führte zu einer verringert­en Kontraktio­n von Herzmuskel­zellen. Es ist bereits bekannt, dass sowohl AKT als auch Phospholam­ban das Herzgewebe vor Verletzung­en durch Sauerstoff­mangel schützen. Diese Ergebnisse legen nahe, dass KPP als Medikament für Herzinfark­te und andere Herz-Kreislauf-Probleme unbedingt weiter untersucht werden sollte.

Zurück zum Skorpion! Auf der Geburtstag­sfeier seiner im Sternbild Skorpion geborenen Ehefrau hörte der Biolumnist den Reim: Der Skorpion,/das merkst du schon,/der duldet keinen Hohn,/dafür gerechten Lohn!

Lob und Ehre dem verkannten Spinnentie­r!

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