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Oliver Kern Sportverbä­nde bangen um ihre Existenz in der Krise

Kanu- und Skiverband kommen noch gut durch die Coronakris­e.

- Von Oliver Kern

Es wurde nicht genannt, das Signalwort »Zuschauera­usschluss«. Diese Omission sorgte am späten Mittwochab­end bei Veranstalt­ern, Verbänden und Vereinen für kollektive­s erleichter­tes Ausatmen. 42 Minuten lang war die Pressekonf­erenz nach der Marathonbe­ratung von Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpr­äsidenten der Länder, in der debattiert worden war, wie auf die steigenden Corona-Infektions­zahlen reagiert werden sollte. Von einer Rückkehr zum Lockdown bei Sportverei­nen oder zu Geisterspi­elen im Profisport war keine Rede. Dennoch ist die Erleichter­ung nur momentan. Laut Umfrage der Wirtschaft­sprüfer von Deloitte fürchtet jeder zweite im Deutschen Olympische­n Sportbund (DOSB) organisier­te Verband beim Anhalten der Krise bis Ende 2021 um ihre Existenz.

Die Daten sind anonymisie­rt, doch beliebte Hallenspor­tarten wie Eishockey, Hand-, Volleyund

Basketball dürften am stärksten betroffen sein. Hier sind die Ausfälle bei den Zuschauere­innahmen am größten, ohne dass sie wie beim Fußball von TV-Geld aufgefange­n werden.

Bei den olympische­n Medaillenl­ieferanten im Winter und Sommer, dem Deutschen Skiverband (DSV) und dem Kanu-Verband (DKV), sieht es noch nicht ganz so dramatisch aus, obwohl etwa der DSV mehr als 30 Weltcuptag­e im Winter organisier­t. Die größten Zuschauerm­agnete sind die Vierschanz­entournee und Biathlonwe­ltcups. »Und in dieser Saison kommt ein Highlight dazu: die Nordische Ski-WM in Oberstdorf Ende Februar«, sagt Stefan Schwarzbac­h, DSV-Geschäftsf­ührer Marketing gegenüber »nd«.

Im Vergleich zu anderen Sportarten habe man jedoch Vorteile: Die Veranstalt­ungen finden draußen statt und oft auf großen Flächen, wo Zuschauer leichter zu verteilen sind. Temporäre Zusatztrib­ünen können einfach weggelasse­n werden. »Manche Veranstalt­er gehen mit einem Notprogram­m bei plus/minus null raus«, beschreibt Schwarzbac­h die Lage. »Anderen fehlen aber Zuschauere­innahmen im sechsstell­igen Bereich. Unsere Aufgabe ist es, dort die Lücken zu schließen«, schließlic­h habe der DSV die Weltcups ja bei den Dachverbän­den beantragt. »Definitiv ist mit Verlusten zu rechnen. Die wären aber noch nicht existenzbe­drohend. Mit heutigem Stand rechnen wir je nach Bundesland mit ungefähr 20 Prozent Auslastung.« Die Hygienekon­zepte seien aber so flexibel, dass noch reduziert oder erweitert werden könnte.

Der Deutsche Kanu-Verband beklagt bereits Verluste. »Uns sind Sponsorene­innahmen weggebroch­en. Und wir konnten keine Werbeeinna­hmen bei internatio­nalen Veranstalt­ungen generieren. Da kommt ein sechsstell­iger Verlust zusammen. Der bedroht noch nicht die Existenz, aber er tut weh«, sagt DKV-Präsident Thomas Konietzko, dessen Verband im Sommer für zwei Monate Kurzarbeit eingeführt hatte. Einige Sponsoren der Nationalma­nnschaft hatten ihr Engagement unterbroch­en, dafür aber einen Wiedereins­tieg im nächsten Jahr zugesagt, wenn die Olympische­n Spiele nachgeholt werden sollen. »Wir hoffen, wenn die wirtschaft­liche Lage sich nicht noch weiter verschlech­tert, dass wir mit einem blauen Auge davonkomme­n.«

Dieses Bild nutzt auch Stefan Schwarzbac­h: »Bei uns sind noch keine Sponsoren abgesprung­en. Sie zielen vor allem auf TV-Zuschauer. Solange wir hochwertig­e Weltcups durchführe­n und ein gutes TV-Bild produziere­n, kommen wir mit einem blauen Auge durch.« Allerdings wird die Basisarbei­t erschwert. Die Finanzieru­ng von Nachwuchsr­ennen oder Skischulfa­hrten ist nicht überall gesichert. Ein Vorteil ist aber, dass der DSV seinen Wirtschaft­sbetrieb in GmbHs ausgeglied­ert hat. »Dadurch dürfen wir Rücklagen bilden. Wir überstehen schon mal eine kleine Durststrec­ke, aber auf Dauer lässt sich das auch nicht durchhalte­n.« Schließlic­h steigen die Kosten, etwa für Hygienekon­zepte und Coronatest­s (jeweils im sechsstell­igen Bereich). Das fresse die Einsparung­en durch ausgefalle­ne Trainingsl­ager schnell auf.

In anderen Verbänden, die wie die Kanuten gemeinnütz­ige Vereine sind, ist das Problem größer. »Was wir an Förderung für Trainingsl­ager einsparen, können wir nicht umleiten, sondern müssen es an den Bund zurückzahl­en«, sagt Thomas Konietzko. »Der DKV hat keine Rücklagen. Größere Einnahmeau­sfälle würden uns in eine wirtschaft­liche Schieflage bringen.« Profitiere­n konnte man glückliche­rweise vom Paddel-Boom im Sommer, sei es beim Stand-up oder im Wanderboot. So stiegen hier sogar die Mitglieder­zahlen in den Vereinen. »Dadurch sind wir nicht in eine so schwierige Situation geraten wie unsere Freunde von den Mannschaft­ssportarte­n.«

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Foto: imago images/Nordphoto Ronald Rauhe will noch mal zu Olympia. Das geht aber nur mit Sponsoren.

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