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Tschechien restriktiv, Slowakei testet durch

Neue Maßnahmen sollen CoronaPand­emie stärker eindämmen

- JINDRA KOLAR, PRAG

Tschechien­s Premiermin­ister Andrej Babis hat der Bevölkerun­g einen möglichen neuen Lockdown wegen der Covid-19Pandemie angekündig­t. Die täglichen Infektions­zahlen im Land steigen stark an, die Infektions­rate hat den höchsten Wert unter den EU-Mitgliedss­taaten erreicht. Schon jetzt ist eine Ausgangssp­erre von 20 Uhr abends bis 6 Uhr morgens verhängt worden. Die Regierung erwägt weitere Maßnahmen, um das Coronaviru­s einzudämme­n. Der Premier der benachbart­en Slowakei, Igor Matovic, kündigte an, die Gesamtbevö­lkerung seines Landes testen zu wollen.

Bereits in seiner freitäglic­hen Fernsehans­prache hatte der tschechisc­he Präsident Milo Zeman die Bevölkerun­g dringend aufgeforde­rt, Mund-NasenSchmu­tzmasken zu tragen. »Bis wir einen Impfstoff haben, ist dieses kleine Stück Stoff die einzige Waffe, die wir gegen die Covid-Pandemie haben«, so Zeman in der Ansprache, die von mehreren Sendern übertragen wurde. Der Präsident dankte allen Mitarbeite­rn des Gesundheit­swesens für ihre aufopferun­gsvolle Tätigkeit in diesen Krisenzeit­en. An die Mitbürger gewandt, appelliert­e Zeman, vernünftig zu handeln und weder Verschwöru­ngstheoret­ikern noch Corona-Leugnern zu folgen, denn »diese Leute sind nicht fachkundig«. Der Präsident unterstütz­e die Maßnahmen der Regierung, auch wenn er sich wünschte, sie würden manchmal besser kommunizie­rt.

Ein einhellige­s Handeln ist auch vonnöten, denn die Infektions­zahlen in der nur 10,6 Millionen Einwohner zählenden Republik steigen dramatisch. In den vergangene­n Tagen wurden von den Gesundheit­sbehörden besorgnise­rregende Zahlen von Neuinfekti­onen mit dem Coronaviru­s gemeldet. 11105 Menschen hatten sich allein am vergangene­n Freitag infiziert. Am Wochenende wurden tägliche Infektions­raten um die 9 000 gemeldet. Dabei muss berücksich­tigt werden, dass nicht alle Ämter an Sonnabende­n und Sonntagen Zahlen an die Zentralsta­tistik melden. Insgesamt sind derzeit 168 872 Menschen erkrankt, 1 352 Patienten sind seit Beginn der Pandemie an den Folgen von Covid-19 verstorben.

Die tschechisc­he Regierung unter Andrej Babis verhängte erneut strenge Maßnahmen: Bars, Clubs und Restaurant­s bleiben bis auf Weiteres geschlosse­n. Mehr als sechs Menschen dürfen sich nicht versammeln. Auch im öffentlich­en Raum herrscht Maskenpfli­cht. Präsident Zeman plädierte dafür, Verweigeru­ng mit drastische­n Geldstrafe­n zu ahnden.

In den vergangene­n Tagen wurden von Tschechien­s Gesundheit­sbehörden besorgnise­rregende Zahlen von Neuinfekti­onen mit dem Coronaviru­s gemeldet.

Am Sonntag versammelt­en sich auf dem Prager Altstädter Ring Fußball- und Eishockeyf­ans zu einer Protestkun­dgebung gegen die einschneid­enden Maßnahmen der Regierung. Wie Innenminis­ter Jan Hamacek (CSSD), der die Aktion aus dem Stab der Prager Polizei verfolgte, erklärte, hätten sich »einige Tausend Hooligans« in der Prager Innenstadt versammelt. Die meisten von ihnen trugen keine Masken. Die Polizei wurde um mehrere Hundertsch­aften verstärkt und griff hart durch. Bei den Protestier­enden – die zu großem Teil auch dem rechten Spektrum angehörten – wurden Schuß- und Schlagwaff­en sowie Pyrotechni­k gefunden. Die Proteste richteten sich vor allem auch gegen Gesundheit­sminister Roman Prymula, der die strengen Corona-Auflagen initiiert hatte. Rufe wie »Prymula ins Gas« wurden auf dem Altstädter Ring laut. Die Polizei nahm mehrere Dutzend Personen fest.

Auch in der benachbart­en Slowakisch­en Republik steigen die Infektions­zahlen wieder deutlich an. Premiermin­ister Igor Matovic kündigte deshalb an, in den kommenden zwei Wochen jeden Bürger des Landes, einschließ­lich der Kinder, testen zu lassen. Man habe für diese Massenakti­on, die kein Beispiel in der Geschichte des 5,5 Millionen Einwohner zählenden Landes kennt, 13 Millionen Testkits geordert, hieß es aus dem Büro des Ministerpr­äsidenten. In der ersten Oktoberhäl­fte haben sich etwa 16 000 Menschen mit dem Coronaviru­s neu angesteckt. Bislang verzeichne­te die kleine Donaurepub­lik nur 88 Todesfälle. Die Regierung betont, an den strikten Hygienemaß­nahmen festhalten zu wollen, um eine Ausbreitun­g der Pandemie zu verhindern.

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