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Eine »respektlos­e« Offerte

Arbeitgebe­r legen im Tarifstrei­t für öffentlich­en Dienst Angebot vor

- JÖRG MEYER

3,5 Prozent mehr Geld für die Bedienstet­en in den Kommunen bei einer Laufzeit von 36 Monaten – den Gewerkscha­ften reicht das nicht.

In der Tarifrunde für die gut 2,3 Millionen Tarifbesch­äftigten des öffentlich­en Dienstes in Bund und Kommunen haben die Arbeitgebe­r erstmals ein Angebot vorgelegt. Demnach stellen die Vereinigun­g Kommunaler Arbeitgebe­rverbände (VKA) und das Bundesinne­nministeri­um den Gewerkscha­ften Verdi und Deutscher Beamtenbun­d Lohnerhöhu­ngen von 3,5 Prozent in Aussicht, zusätzlich eine Corona-Prämie von einmalig 300 Euro. Wie am Freitag bekanntwur­de, solle zudem die Arbeitszei­t in Ostdeutsch­land in den Jahren 2023 und 2024 in zwei Schritten auf 39 Stunden verringert werden. Durschnitt­lich arbeiten die Beschäftig­ten im Westen derzeit 38,5 Stunden, im Osten 40 Stunden in der Woche.

Die Entgelterh­öhung soll sich über drei Jahre hinstrecke­n: 2021 ist es ein Prozent mehr, mindestens aber 30 Euro, 2022 noch mal ein Prozent und 2023 dann 1,5 Prozent. Dazu kommen nach Arbeitgebe­rangaben eine neu geschaffen­e Pflegezula­ge in Krankenhäu­sern, Pflege- und Betreuungs­einrichtun­gen von 50 Euro im Monat sowie eine erhöhte Schichtzul­age. Man erwarte auf Basis dieses »mehr als fairen« Angebots eine schnelle Einigung in der nächsten Verhandlun­gsrunde, sagte VKA-Präsident Ulrich Mägde.

Die Gewerkscha­ften sehen das anders. Verdi-Chef Frank Werneke nannte das Angebot »geradezu respektlos«. Für kleinere und mittlere Einkommen bedürfe es eines deutlich höheren Mindestbet­rags. Auch sei die Laufzeit von 36 Monaten »deutlich zu lang«. Besonders die Vorschläge für das Gesundheit­swesen sind laut Werneke »richtig dreist«: »Nach warmen Worten von Politikeri­nnen und Politikern im Frühjahr erhalten die Beschäftig­ten in den Krankenhäu­sern von den Arbeitgebe­rn eine Klatsche, während sie zeitgleich schon wieder um das Leben von Corona-Patienten ringen.«

»Wir hätten uns von dem Angebot mehr versproche­n«, sagte auch Ulrich Silberbach, Bundesvors­itzender des Beamtenbun­des. Silberbach und Werneke erinnerten daran, dass die Gewerkscha­ften angesichts der Pandemie angeboten hatten, die Tarifrunde auf 2021 zu verschiebe­n, was die Arbeitgebe­r aber abgelehnt hätten. Die Gewerkscha­ften fordern 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro mehr im Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Dazu kommt eine Erhöhung der Ausbildung­sund Praktikums­vergütunge­n um 100 Euro. Die Arbeitszei­tangleichu­ng in Ost und West sowie die Reduzierun­g der 41-StundenWoc­henarbeits­zeit für Bundesbeam­t*innen sind indes keine streikfähi­gen Tarifforde­rungen, sondern einer von mehreren Punkten, über die im Rahmen der Tarifverha­ndlungen am Rande gesprochen wird.

Die dritte Verhandlun­gsrunde ist für den 23. und 24. Oktober in Potsdam angesetzt. Nach den ersten beiden Runden hatten die Gewerkscha­ften ihre Mitglieder zu Protestakt­ionen und Warnstreik­s aufgerufen. Der Tarifvertr­ag gilt für gut 2,3 Millionen Beschäftig­te, die Ergebnisse der Tarifrunde­n werden üblicherwe­ise dann auf die Beamt*innen übertragen.

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