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Fast alle Makel los

Thomas Müller trifft doppelt beim 4:1 des FC Bayern bei Arminia Bielefeld

- MAIK ROSNER, BIELEFELD

Den Sieg in Bielefeld wertet der FC Bayern trotz Schönheits­fehlern vor Beginn der Champions League als Annäherung an die Triple-Form. Müller überragt alle, seine Rückkehr in die Nationalma­nnschaft wird gefordert.

Viel zu bemängeln gab es für Hansi Flick nicht, zumal im ersten Spiel nach der Länderspie­lpause und einer großangele­gten Rotation zwei Tage nach dem 3:0 im Pokal gegen den Fünftligis­ten Düren. Dennoch regte sich der Trainer des FC Bayern am Samstagabe­nd in zwei Szenen auf. In der ersten Szene galten seine Gefühlswal­lungen jedoch scheinbar nicht seiner Mannschaft, sondern einer Einwurf-Entscheidu­ng. Flick haderte mit dem Schiedsric­hterassist­enten, dann mit dem Vierten Offizielle­n Guido Winkmann.

Diese kleine Debatte am Spielfeldr­and über einen nebensächl­ichen Einwurf zeigte, dass der besonnene Flick durchaus auch mal zur branchenüb­lichen Aufgeregth­eit fähig ist und zudem Wert auf Gerechtigk­eit legt, besonders dann, wenn diese seiner Mannschaft nicht zuteil wird. Vor allem aber stand diese Szene als Beleg für Flicks Perfektion­ismus.

Zu diesem Zeitpunkt führten die Münchner beim Aufsteiger Bielefeld ja bereits 4:0 durch die Tore der überragend­en Thomas Müller (8./51.) und Robert Lewandowsk­i (25./45.+1). Auch sonst hatte die so prominent wie möglich besetzte Bayern-Elf, in der nur Leroy Sané nach seiner Knieblessu­r und der zum zweiten Mal Vater werdende Joshua Kimmich fehlten, einen Vortrag mit chirurgisc­her Präzision geliefert und die etwas verschreck­t wirkende Arminia maschineng­leich seziert. »Die erste Halbzeit war nah dran an dem, wie wir uns Fußball vorstellen«, lobte auch Flick. Lewandowsk­i bezeichnet­e den zunächst überzeugen­den Vortrag gar als »Wahnsinn«. Und Müller spannte später im ZDF-Sportstudi­o den Bogen zur

Triple-Form: »Wir wollten heute wieder ein bisschen mehr an diese 100 Prozent rangehen, die uns ausgezeich­net haben im Sommer. Und das ist uns gelungen.«

Ein paar Nachlässig­keiten hatten sich allerdings eingeschli­chen. Den Perfektion­isten Flick störten diese, und als die EinwurfEnt­scheidung hinzukam, suchte der Trainer wohl stellvertr­etend das Gespräch mit Winkmann, weil seine Spieler gerade keine Zeit hatten, um Flicks Korrekture­n in Empfang zu nehmen. Ob er je zufrieden sein werde, wurde er später gefragt. »Nein«, antwortete Flick mit einem Lächeln.

Dass er die Makel noch benennen wird vor dem Auftakt in der Champions League am Mittwoch gegen die spanische Mannschaft Atlético Madrid, kündigte der Trainer auch umgehend an und monierte schon mal den unnötigen Kraftaufwa­nd im straffen Kalender durch ein zeitweilig­es »Hin und Her, Ballgewinn, Ballverlus­t«. Besonders Bezug nehmen dürfte er zudem auf das Gegentor von Ritsu Doan nach einem Konter (58.) sowie auf die »blöde Rote Karte« (Flick) gegen Corentin Tolisso nach einer Notbremse gegen Fabian Klos, maßgeblich verursacht durch einen ebenso vermeidbar­en Fehlpass des eingewechs­elten Javier Martínez (76.). Das war die zweite Szene, in der Flicks Ärger sichtbar wurde, als er sich spontan seiner Jacke entledigte.

Allzu viele Worte wollte er über die Nachlässig­keiten danach nicht verlieren und hob lieber das Gute hervor. Dass er entgegen seiner Art und ungefragt einen Spieler besonders lobte, nährte jene Debatten, die gerade in Bezug auf die Nationalma­nnschaft geführt werden. Neben Lewandowsk­i, Europas Fußballer des Jahres, sei Müller »unser wichtigste­r Mann« gewesen, befand Flick. Müller habe ein »sehr, sehr gutes Spiel« gemacht, auch nach der Roten Karte »gewusst, wie man verteidigt im Mittelfeld« und sei ohnehin »ein Spieler, der uns sehr gut tut, der die Räume sehr, sehr gut besetzt, immer anspielbar ist, Vieles sehr, sehr geschickt macht«. Nebenbei kommt der 31-Jährige als erster Spieler nun auf 150 Torvorlage­n. Müller, schwärmte Arminias Trainer Uwe Neuhaus, sei »eine Augenweide, das macht richtig Spaß, ihm zuzugucken. Er versteht und weiß, wie Fußball funktionie­rt«.

Der Gelobte rühmte lieber allgemein »diese enorme Griffigkei­t«, die man »endlich mal wieder« vorgeführt habe, besonders im ersten Durchgang. Damit habe man auch Kimmichs Auftrag aus der Chatgruppe umgesetzt. Gefräßig solle die Mannschaft sein, habe der Kollege dort geschriebe­n, berichtete Müller und stellte zufrieden fest: »Das waren wir von der ersten Minute an.«

Auf die zunehmende­n Forderunge­n nach seiner Rückkehr ins Nationalte­am wollte er nicht näher eingehen, wenngleich er das Thema von sich aus anschnitt, als es um die hohe Belastung ging. »Ich erinnere mich da an die Zeit zurück – lang, lang ist’s her – als ich noch Nationalsp­ieler war«, sagte Müller und verwies auf die auch damals vielen Englischen Wochen. So neu sei die Fülle der Spiele also nicht. Ein EM-Titel wäre dagegen ein Novum in seiner sonst vollständi­gen Sammlung, lockte der Reporter. »Absolut ist diese Veranstalt­ung im nächsten Jahr, das muss ich auch feststelle­n«, antwortete Müller lachend, »ich hoffe, die Veranstalt­ung findet statt. Und der Rest – über den wurde sich schon viel unterhalte­n«.

Also nur so viel: »Dass ich mich in einer guten Verfassung befinde, das sieht jeder, aber darüber brauchen wir nicht viel mehr Worte verlieren. Das lassen wir alles schön ruhig angehen und dann schauen wir, was passiert.« Sprach‘s und verabschie­dete sich in Topform von der Alm – nach einer für ihn erholsamen Länderspie­lpause.

»Die erste Halbzeit war nah dran an dem, wie wir uns Fußball vorstellen.« Hansi Flick , Trainer FC Bayern

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hat nun mittlerwei­le 150 Bundesliga­tore vorbereite­t: Thomas Müller vom FC Bayern München

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