nd.DerTag

Töten und töten lassen in Brasilien

Bericht zur öffentlich­en Sicherheit verdeutlic­ht Ausmaß der Gewalt

- PETER STEINIGER

Tödliche Gewalt ist im größten Land Südamerika­s an der Tagesordnu­ng. Das verdeutlic­ht der am Sonntag vorgestell­te Jahresberi­cht für 2019, der von der NGO Brasiliani­sches Forum für öffentlich­e Sicherheit erstmals gemeinsam mit der Unesco herausgege­ben wurde. Er stützt sich auf Daten aus 19 der 26 Bundesstaa­ten und aus dem Distrikt der Hauptstadt Brasília.

Der Bericht registrier­t für 2019 47 773 Opfer von Mord und Totschlag. Nicht in diesen Zahlen enthalten sind rund 13 700 Fälle mit ungeklärte­r Todesursac­he. Bei mehr als jedem zehnten Opfer handelte es sich um ein Kind oder einen Jugendlich­en im Alter bis 19 Jahre, was die bedrohlich­e Situation für viele junge Menschen in Brasilien unterstrei­cht. 90 Prozent der überwiegen­d männlichen jungen Opfer waren im Alter von 15 bis 19 Jahren. Bei denen bis zu neun Jahren ist Körperverl­etzung mit Todesfolge die häufigste Ursache. Drei Viertel der gewaltsam ums Leben gebrachten Kinder und Jugendlich­en gehörten der afrobrasil­ianischen Bevölkerun­g an. Dieselbe Tendenz zeigt sich auch bei den Opfern aus anderen Altersgrup­pen.

Zu den vorsätzlic­hen Tötungen kommen annähernd 26 000 Straftaten, bei denen Kinder und Jugendlich­e vergewalti­gt wurden. Im Alter ab 13 Jahren steigt besonders für Schwarze nicht nur das Risiko, durch häusliche Gewalt oder ein Verbrechen das Leben zu verlieren, sondern auch, von der Polizei erschossen zu werden. 2019 kamen in Brasilien mehr als 5800 Menschen vor allem im »Drogenkrie­g« durch Polizeiein­sätze ums Leben. Im ersten Halbjahr 2020 nahm laut der NGO die Anwendung tödlicher Gewalt durch Polizisten noch einmal um sieben Prozent zu, 3148 Personen verloren ihr Leben. Die Haltung von Präsident Jair Bolsonaro, nach der »nur ein toter Bandit ein guter Bandit ist«, befördert das exzessive staatliche Töten.

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