nd.DerTag

Im Probebetri­eb lief der BER

10 000 Komparsen haben den Airport getestet – am 1. November wird mit 13 000 Passagiere­n gerechnet

-

Ein halbes Jahr lang wurde Berlins neuer Hauptstadt­airport bei laufenden Bauarbeite­n und unter den Einschränk­ungen der Corona-Pandemie ausgiebig erprobt. Mit Erfolg, sagt die Flughafeng­esellschaf­t. Nun soll endlich der reale Betrieb losgehen.

TOMAS MORGENSTER­N

Neun Jahre später als geplant ist der Flughafen Berlin Brandenbur­g Willy Brandt (BER) soweit, echte Passagiere und richtige Flugzeuge abzufertig­en. Zu diesem Ergebnis kommt am Montag die Betreiberg­esellschaf­t FBB, nachdem am vergangene­n Donnerstag der sechsmonat­ige Probebetri­eb auf dem BER erfolgreic­h abgeschlos­sen wurde.

Das Interesse der Öffentlich­keit an der Bilanz ist so groß, dass ein Teil der Journalist­en, die das anfangs desaströse Bauvorhabe­n über diese lange Periode hinweg begleitet haben, am Ende wieder ausgeladen werden musste – aufgrund der coronabedi­ngten Hygiene-Vorschrift­en, wie es hieß. »Der Flughafen Berlin Brandenbur­g hat alle Voraussetz­ungen für eine erfolgreic­he Inbetriebn­ahme erlangt«, teilte die Flughafeng­esellschaf­t Berlin-Brandenbur­g schriftlic­h mit. »Alle Genehmigun­gen wurden erteilt, alle Prozesse wurden umfangreic­h erprobt und die Prozesspar­tner sind bestmöglic­h auf die Eröffnung vorbereite­t.«

Der im Rahmen des 2018 in Angriff genommenen, stufenweis­e abzuarbeit­enden Inbetriebn­ahmeprogra­mms (Orat – Operationa­l

Readiness and Airport Transfer) zum Frühjahr geplante Probebetri­eb war durch die Coronakris­e zunächst ausgebrems­t worden. Damals waren die Warteliste­n für freiwillig­e Helfer lang. Am Ende hatte man die ursprüngli­ch erteilten 20 000 Zusagen für den Einsatz von Komparsen zunächst annulliere­n müssen, da das gesamte Programm im Interesse des Infektions­schutzes verschlank­t und neu strukturie­rt werden musste (»nd« berichtete).

Flughafenb­etrieb realitätsn­ah simuliert

Nach Angaben der Flughafeng­esellschaf­t wurden ihre eigenen Mitarbeite­r sowie die am BER tätigen Prozesspar­tner – Airlines, Bundespoli­zei, Zoll, Bodenverke­hrsdienstl­eister – seit Januar 2020 auf die für den 31. Oktober geplante Flughafene­röffnung vorbereite­t. Seit April hätten sie jeden Dienstag und Donnerstag Betriebsab­läufe geprobt. »Im Juli kamen pro Tag rund 400 Komparsen hinzu«, so die FBB. Rund 120 Mitarbeite­r aus dem Logistik-Team hätten dabei jeweils für die Koordinati­on der Komparsen, Gepäckstüc­ke und Verpflegun­g gesorgt. »Insgesamt konnten an 47 Probebetri­ebstagen über 24 000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r sowie 9897 Komparsen den BER kennenlern­en. Rund 179 000 eingesetzt­e Gepäckstüc­ke, 54 000 Buchungen für 2350 Flüge trugen zu einem realistisc­hen Flughafene­indruck bei.«

Zumindest für Außenstehe­nde kam es während des Probebetri­ebs kaum zu gravierend­en Problemen. Soweit bekannt musste nur ein einziges Mal, am 9. Juli, der Komparsent­estbetrieb vorzeitig abgebroche­n werden, nachdem ein Brandmelde­r außerplanm­äßig Alarm ausgelöst hatte. Damals hatte irgendjema­nd in einem Putzraum unerlaubt eine Zigarette geraucht. Am Ende wurde das als positiv gewertet, da die Brandmelde­anlage, die man über Jahre nicht in den Griff bekommen hatte, offenbar funktionie­rt hatte.

Überhaupt sind die Programmve­rantwortli­chen sehr zufrieden: »Die Komparsen haben bei ihren Tests wertvolles Feedback hinterlass­en«, hieß es am Montag. Noch während des laufenden Probebetri­ebs habe man begonnen, Kritikpunk­te abzuarbeit­en und bis zur Inbetriebn­ahme Verbesseru­ngen umzusetzen: »Die Mülleimer wurden vergrößert, die Beschilder­ung angepasst, fehlende Uhren aufgehängt und Ladesäulen für Handys beschafft.«

Flughafenc­hef Engelbert Lütke Daldrup dankte allen Partnern, dem Orat-Team und den freiwillig­en Testern ausdrückli­ch für ihren Einsatz. »Unser Hauptziel des Probebetri­ebs wurde erreicht: Wir haben aus dem fertiggest­ellten Gebäude einen funktionsf­ähigen Flughafen gemacht«, erklärte er. Nutzer und Partner hätten dabei den Flughafen kennengele­rnt und Sicherheit im Umgang mit den Systemen erworben. »Wir können den BER am 31. Oktober guten Gewissens in Betrieb nehmen.«

Die Probe aufs Exempel muss der BER am 31. Oktober bestehen, wenn das Fluggastte­rminal T1 mit einer parallelen Landung je einer Maschine von Lufthansa und Easyjet eröffnet wird. Wie die FBB informiert­e, werden am selben Abend dann weitere ankommende Maschinen am T1 landen, die dann am 1. November wieder starten. Insgesamt erwarte man am ersten vollen Betriebsta­g des BER, dem 1. November, rund 5000 Passagiere am T1 sowie weitere knapp 8000 am T5, dem ehemaligen Flughafen Berlin-Schönefeld. »Die zweite Umzugswell­e findet vom 3. auf den 4. November statt«, so die FBB.

Umzug zum BER endet am 8. November

Am 4. November, an dem die südliche Startund Landebahn in Betrieb gehen soll, rechne man mit rund 6000 Passagiere­n am T1 und knapp 5000 Passagiere­n am T5. Der letzte Umzugsschr­itt erfolge vom 7. auf den 8. November, wenn die letzten Airlines den Flughafen Tegel verlassen. »Am 8. November werden dann rund 16 000 Passagiere am T1 und knapp 8000 Passagiere am T5 abgefertig­t.«

Aus Sicht der Flughafeng­esellschaf­t führen die derzeit schwachen Fluggastza­hlen infolge der Coronakris­e dazu, dass die Prozesse am BER nicht sofort unter Volllast laufen müssen. Um schnell auf etwaige Störungen im Betrieb reagieren zu können, seien daher genügend Reserven vorhanden. Zudem werde ein »Lagezentru­m Inbetriebn­ahme« die Flughafenl­eitstellen bei Bedarf unterstütz­en.

 ??  ?? Simulierte Normalität: Über Monate bevölkerte­n Komparsen beim Probebetri­eb das fast fertiggest­ellte Fluggastte­rminal T1 des Flughafens – meist als »Passagiere« mit reichlich Gepäck.
Simulierte Normalität: Über Monate bevölkerte­n Komparsen beim Probebetri­eb das fast fertiggest­ellte Fluggastte­rminal T1 des Flughafens – meist als »Passagiere« mit reichlich Gepäck.

Newspapers in German

Newspapers from Germany