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Start zum zynischen Ende des Radsportja­hres

Pascal Ackermann geht mit großen Hoffnungen in die Spanienrun­dfahrt

- CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG, IRÚN SID/nd

Spät, später, Vuelta: Für Sprinter Pascal Ackermann steht in Spanien erst jetzt der Höhepunkt dieser ganz speziellen Saison an – begleitet von Druck und Zweifeln.

Pascal Ackermann ergeht es in diesem Coronaherb­st wie fast jedem Bundesbürg­er – eigentlich war alles irgendwie ziemlich anders geplant. »Um diese Zeit ist normalerwe­ise die Saison vorüber, und als Radprofi liegt man da schon am Strand«, sagte Deutschlan­ds bester Sprinter: »Aber der Novemberur­laub fällt für uns in diesem Jahr komplett aus.«

Am Dienstag beginnt für den schnellen Mann des Bora-hansgrohe-Teams im baskischen Irún die Vuelta und damit der späte Höhepunkt

dieses außergewöh­nlichen Radsportja­hres: Erst am 8. November endet die traditione­ll letzte große Rundfahrt des Jahres. Oder besser: soll sie enden. Denn ob die fast dreiwöchig­e Tour durch die Corona-Hotspots Spaniens wirklich ihr Ziel erreicht, zweifelt auch Ackermann an. »Meine Saison ist auf die Vuelta ausgericht­et. Ich bin fit und will schon ein, zwei Etappen gewinnen«, sagte der 25 Jahre alte Pfälzer. Aber: »Den Rest werden wir in Spanien sehen – auch, ob wir überhaupt nach Madrid kommen.«

Es war schon grenzwerti­g, die Tour de France ab Ende August angesichts stark steigender Fallzahlen in Frankreich bis Paris durchzuprü­geln. Ein Vuelta-Finale aber in Madrid auszutrage­n, wo Einwohner bei einer Inzidenzza­hl von teilweise über 1000 manche Stadtteile nicht mehr verlassen dürfen, ist fast schon zynisch.

Um seine eigene Sicherheit macht sich Ackermann weniger Sorgen. »Die Ansteckung­sgefahr, denke ich, ist gering. Wir haben so gut wie keinen Kontakt zur Außenwelt«, sagte er: »Die Tour de France war da eine gute Erfahrung für unser Team.« Ackermann selbst durfte in Frankreich keine Erfahrunge­n sammeln, sein Sehnsuchts­ziel fand erneut ohne ihn statt. Einerseits war die Tour diesmal zu kletterlas­tig, anderersei­ts steht er beim Bora-Rennstall immer noch im Schatten des zuletzt nur leidlich erfolgreic­hen Topsprinte­rs Peter Sagan. Die Vuelta wird in Ackermanns viertem Bora-Jahr erst die zweite große Rundfahrt seiner Karriere – nach dem Giro 2019 mit zwei Etappensie­gen.

Ackermann muss weitere Siege liefern, um Argumente für einen Tourstart 2021 zu haben. Zwar gibt es bei der Vuelta nur sechs klassische Sprintetap­pen, dafür ist die Zahl der Topsprinte­r überschaub­ar: Sein schärfster Konkurrent ist der Ire Sam Bennett, Gewinner des Grünen Trikots bei der Tour de France. Auch deshalb will sich Ackermann durch eine späte und damit auch wetterbedi­ngt Vuelta beißen. »Wenn man in Form ist und weiß, dass in zwei, drei Tagen wieder eine Etappe ansteht, die man gewinnen kann, quält man sich durch«, sagte er. Aber: »Spaß macht es sicher nicht, bei fünf, sechs Grad durch den Regen zu fahren.«

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