Rüstung diktiert Politik
Transparency International stellt Bericht zu Lobbyismus der Waffenindustrie vor
Berlin. Dass die Rüstungsindustrie Politik beeinflusst, ist eine Tatsache mit tödlichen Folgen und trotzdem schwer nachweisbar. Die Antikorruptionsorganisation Transparency International liefert in einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie Indizien für diese These. Und sie warnt vor dem »systemischen Einfluss« von Waffenlieferanten auf Schlüsselbereiche der Verteidigung. Die Fähigkeit der Regierung, unabhängig begründete Entscheidungen zu fällen, werde damit untergraben. Die Studie beschreibt die deutsche Rüstungsindustrie als »eine Handvoll großer Unternehmen« mit verflochtenen Eigentumsstrukturen, die den Markt dominieren. Transparency wirft der Bundesregierung unzureichende Maßnahmen gegen Lobbyismus vor. Die Organisation kritisiert die Mitgliedschaft von Bundestagsabgeordneten im Aufsichtsrat von Rüstungsunternehmen gleichzeitig im Verteidigungsausschuss des Bundestages, wo sie über Rüstungsaufträge mitentscheiden.
Transparency verlangt überdies, Lobbyismus zu dokumentieren, um jede einzelne Einflussnahme nachvollziehbar zu machen. Whistleblowing und journalistische Arbeit sollen besser geschützt werden, um Kontrolle durch die Zivilgesellschaft zu gewährleisten. Auch Sevim Dağdelen, Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss, sieht durch den Lobbyismus der Rüstungskonzerne im Bundestag Frieden, Sicherheit und Demokratie gefährdet, wie sie in einer Erklärung mitteilt. Neueste Angaben über zuletzt gesunkene Rüstungsexporte ändern nichts an ihrer Kritik. Die Bundesregierung hatte Dagdelen auf eine Anfrage mitgeteilt, dass sie in den ersten neun Monaten 2020 Rüstungsexporte für 4,13 Milliarden Euro genehmigte – rund ein Drittel weniger als im Vorjahreszeitraum. Ein Großteil davon ging nach Ägypten. Die Regierung gieße damit Öl in die kriegerischen Konflikte im Jemen und in Libyen, so Dagdelen.