nd.DerTag

Systemwech­sel geht anders

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Haidy Damm über den Kompromiss in der EU-Agrarpolit­ik

Julia Klöckner war noch nie eine Verfechter­in des Systemwech­sels in der Landwirtsc­haft. Dass nun ausgerechn­et die CDU-Politikeri­n dieses Wort für den von ihr ausgehande­lten Kompromiss bemüht, ist folglich nicht mehr als Schönfärbe­rei. Sie hat einen Kompromiss erstritten, der die deutsche Position widerspieg­elt, und kann gleichzeit­ig auf alle diejenigen Länder zeigen, die sich ebenfalls weitergehe­nden Maßnahmen verweigern.

Bis 2027 geht es in der Gemeinsame­n Agrarpolit­ik der EU damit überwiegen­d so weiter wie bisher – von ein paar zusätzlich­en Blühstreif­en mal abgesehen. Die Bundesagra­rministeri­n hat damit den gleichen Weg eingeschla­gen wie ihre Vorgänger: möglichst alles so lassen, wie es ist, handeln nur, wenn es keinen anderen Ausweg gibt wie bei der Düngeveror­dnung, die Deutschlan­d seit 1991 erfolgreic­h ausgesesse­n hat, bis die Strafandro­hungen aus Brüssel zu hoch wurden.

Klöckner schreitet damit weiter Hand in Hand mit den Vorständen des Bauernverb­andes und der Agrarindus­trie. Das nutzt vielleicht noch kurzfristi­g, hilft aber weder gegen Artensterb­en und die Folgen des Klimawande­ls noch gegen die wachsende Verunsiche­rung in den landwirtsc­haftlichen Betrieben, die langfristi­g denken und planen wollen. Ein tatsächlic­her Systemwech­sel in der EU-Agrarpolit­ik hätte dem Rechnung getragen und die Landwirtsc­haft damit zu einem Teil der Lösung gemacht statt des üblichen lahmen Weiter-so-bis-es-nicht-mehr-geht.

Unbenommen, die Landwirtsc­haft ist nicht der einzige Wirtschaft­szweig, der sich mit Händen und Füßen gegen einen Systemwech­sel wehrt, um die Folgen des Klimawande­ls zumindest abzuschwäc­hen. Auch Autokonzer­ne, Stromunter­nehmen oder die Baubranche glänzen nicht durch mutige Schritte. Als Ausrede aber taugt das gewiss nicht.

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