nd.DerTag

Lebende Legende

- MARTIN LING

José »Pepe« Mujica beendet in Uruguay seine politische Karriere

»Ich bin 84 Jahre alt, aber ich bin noch nicht verrückt. Ich habe noch ein paar Ideen im Kopf, für die ich im Senat kämpfen will.« So begründete Uruguays populärste­r Präsident aller Zeiten, José »Pepe« Mujica, vor einem Jahr, warum er seine politische Karriere noch nicht ad acta legen wollte. Er wurde mit dem besten Ergebnis aller Kandidaten der linken Frente Amplio (Breiten Front) in den Senat gewählt.

Mujica ist nun 85 und immer noch klar bei Verstand, aber mit seiner Autoimmunk­rankheit gehört er altersunab­hängig zur Risikogrup­pe: »Die Pandemie wirft mich aus der Bahn. Senator zu sein bedeutet, mit Menschen zu sprechen und herumzulau­fen.« Mit dieser schlichten Begründung beendete Mujica am Dienstag seine politische Karriere per Brief, der in einer außerorden­tlichen Sitzung des Senats verlesen wurde. Darin hinterließ er sein politische­s Vermächtni­s: »Hass ist Feuer wie Liebe, aber Liebe ist kreativ und Hass zerstört uns. Ich habe jede Menge Fehler, ich bin leidenscha­ftlich, aber in meinem Garten habe ich jahrzehnte­lang keinen Hass kultiviert, weil ich eine harte Lektion gelernt habe, die mir das Leben auferlegt hat, dass Hass uns am Ende dumm macht und uns die Objektivit­ät verlieren lässt.«

Mujica saß fast 15 Jahre in Haft, die meisten davon während der uruguayisc­hen Militärdik­tatur (1973 – 1985), deren Überwindun­g er sich mit seinen Mitstreite­rn der Stadtgueri­lla Tupamaros verschrieb­en hatte. Folter und Einzelhaft hat Mujica überlebt.

Nach wie vor lebt er auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Montevideo, den er selbst bewirtscha­ftet und wo er Blumen züchtet. Diesen Wohnsitz behielt er auch während seiner Präsidents­chaft (2005 – 2010), bei der er 85 Prozent seines Gehaltes für wohltätige Zwecke spendete. Seiner Lebensphil­osophie bleibt Mujica treu: »Um zu leben, braucht man Freiheit. Um Freiheit zu haben, braucht man Zeit.« Die sei ihm nun noch lange im Unruhestan­d vergönnt.

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