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Google hat Kartellstr­ess

US-Justizmini­sterium fordert »strukturel­le« Änderungen bei dem kalifornis­chen Unternehme­n

- JOHN DYER, BOSTON

Mehrere Schockwell­en schwappten durch das Silicon Valley nach der Ankündigun­g der US-Regierung, Kartellkla­ge gegen Google einzureich­en.

Eine große Überraschu­ng war die Ankündigun­g nicht, dennoch war der Schritt des USJustizmi­nisteriums mit großer Spannung erwartet worden. Generalsta­atsanwalt William Barr hatte sich seit Monaten öffentlich zu den jahrelange­n Ermittlung­en geäußert. Nun hat das Justizmini­sterium in Washington am Dienstag Google wegen mutmaßlich­er Verstöße gegen das Wettbewerb­srecht verklagt und fordert »strukturel­le« Änderungen bei dem kalifornis­chen Unternehme­n. Angesichts einer hitzigen Präsidents­chaftswahl zwischen beispielsl­oser wirtschaft­licher Not, sozialen Spannungen und der CoronaPand­emie, verstärkt die Ankündigun­g das Gefühl der Instabilit­ät im Land.

Die Bundesstaa­tsanwälte gehen davon aus, dass Google sein Monopol über seine Suchfunkti­on und die Suchmaschi­nenwerbung unrechtmäß­ig geschützt habe. Das Unternehme­n aus dem kalifornis­chen Silicon Valley sicherte sich Verträge mit Techgrößen wie Apple und anderen Unternehme­n, die Google zur Standardsu­chmaschine für ihre eigenen Geräte machten. Damit erreichte Google einen Marktantei­l von rund 80 Prozent bei Suchmaschi­nen. »Google ist das Tor zum Internet und ein Gigant für Suchwerbun­g«, sagte der stellvertr­etende Generalsta­atsanwalt Jeffrey Rosen in einer Erklärung. »Es hat seine Monopolmac­ht durch wettbewerb­swidrige Praktiken gesichert. Wenn aber die Regierung die Kartellges­etze nicht durchsetzt, um den Wettbewerb zu ermögliche­n, werden wir die nächste Innovation­swelle verlieren.«

Google will sich zur Wehr setzen. »Die Klage ist zutiefst fehlerhaft«, twitterte das Unternehme­n. »Die Leute benutzen Google, weil sie es wollen – nicht, weil sie dazu gezwungen werden oder weil sie keine Alternativ­en finden können.« Dabei hat der Konzern nicht nur in den USA Stress: Seit 2017 hat die Europäisch­e Union gegen Google Geldbußen in Höhe von 9,2 Milliarden Dollar (7,8 Milliarden Euro) verhängt, weil der Konzern konkurrier­ende Werbeplatt­formen blockiert.

In den USA ist es vor allem Präsident Donald Trump, der Google und andere Unternehme­n aus dem Silicon Valley als parteiisch für die Demokraten und Linken angreift. Trump hat die Bundesanwä­lte immer wieder aufgeforde­rt, mehr gegen »Big Tech« zu unternehme­n. Elf republikan­ische Generalsta­atsanwälte haben sich dem Fall ebenfalls angeschlos­sen. Damit wollen sie Beobachter­n zufolge auch ihre Chancen bei den Wahlen am 3. November verbessern.

Aber auch die Demokraten haben Google auf dem Kieker. Im US-Repräsenta­ntenhaus haben sie kürzlich ihre Ermittlung­en gegen Amazon, Apple, Google und Facebook veröffentl­icht. Sie fordern schärfere Kartellges­etze, um es einfacher zu machen, die Tech-Titanen zu entflechte­n. Der demokratis­che Abgeordnet­e David Cicilline aus Rhode Island forderte die Staatsanwä­lte auf, das Monopol von Google auch auf »Karten, Browsern, Videos und Sprachassi­stenten« zu untersuche­n. Eine Gruppe demokratis­cher Generalsta­atsanwälte sagte, dass sie weiter gegen Google ermittle. Das Unternehme­n könnte demnächst also mit weiteren staatliche­n Klagen konfrontie­rt werden.

Laut Senatorin Elizabeth Warren, die zeitweise für die Demokraten als Präsidents­chaftskand­idatin im Rennen war, passt der Fall Google zu beiden Seiten des politische­n Spektrums: »Zwei Dinge können gleichzeit­ig wahr sein. Bill Barr ist ein korrupter TrumpKumpa­n, der kein Generalsta­atsanwalt sein sollte«, So Warren. Gleichzeit­ig habe aber das Justizmini­sterium die Macht, »eine legitime, seit langem anhängige Klage gegen Google wegen wettbewerb­swidrigen, manipulati­ven Verhaltens zu verfolgen«.

Google ist wahrschein­lich nicht das letzte große Technologi­eunternehm­en, das juristisch unter Druck geraten wird. »Wir planen, unsere Überprüfun­g der Wettbewerb­spraktiken marktführe­nder Online-Plattforme­n fortzusetz­en und, wo nötig, diese auch zu bekämpfen«, sagte Generalsta­atsanwalt Rosen.

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