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Der Hölle von Moria entronnen

Zweite Gruppe des zugesagten Kontingent­s hat Deutschlan­d erreicht. Keine Zusage an Bündnis Seebrücke

- UWE KALBE

104 Flüchtling­e aus Griechenla­nd sind am Donnerstag in Deutschlan­d angekommen. Sie gehören zum Kontingent von 1553 Menschen, dessen Aufnahme die Bundesregi­erung vor einem Monat nach dem Brand in Moria zugesagt hatte.

27 unbegleite­te beziehungs­weise kranke Kinder mit ihren Eltern und Geschwiste­rn – 17 Familien, insgesamt 104 Menschen, kamen am Donnerstag in Hannover an. Sie landeten mit dem Flugzeug, wie bereits eine Gruppe von 26 Flüchtling­sfamilien aus Griechenla­nd vor einer Woche. Sie sollen in Berlin, Baden-Württember­g, Sachsen-Anhalt, Bayern, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen untergebra­cht werden. Die Minderjähr­igen, die sich ohne ihre Eltern in Griechenla­nd aufhielten, werden nach Brandenbur­g, Berlin, BadenWürtt­emberg, Bremen, Hessen, Hamburg, Niedersach­sen, Rheinland-Pfalz, SchleswigH­olstein und Thüringen gebracht.

Die Menschen in den beiden Flugzeugen gehören zu jenem Kontingent von Migranten, deren Aufnahme die Bundesregi­erung vor einem Monat beschlosse­n hatte. Nachdem das Lager Moria auf der griechisch­en Insel Lesbos abgebrannt war, entschied sie, über die bereits zugesagte Zahl von bis zu 150 unbegleite­ten Minderjähr­igen aus Moria hinaus 1553 Personen aufzunehme­n. Es handelt sich um Flüchtling­e, die bereits in Griechenla­nd als schutzbedü­rftig anerkannt wurden. Die SPD hatte zunächst gefordert, weit mehr Menschen aufzunehme­n als jene, auf die sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) zuvor geeinigt hatten. In der entspreche­nden Krisensitz­ung der Koalitions­spitzen kam dann jedoch die nur wenig erhöhte Zahl heraus. Als Grund wurde genannt, dass Griechenla­nd selbst eine Ausreise von Flüchtling­en verweigere, über deren Schutzstat­us noch nicht entschiede­n ist.

Für die nun in Hannover gelandete Gruppe geht ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung, für die meisten Menschen in den griechisch­en Flüchtling­slagern allerdings nicht. Und das, obwohl gerade in Deutschlan­d sich inzwischen 200 Kommunen zur Aufnahme bereit erklärt haben – über die vom Bund zugewiesen­en Größenordn­ungen hinaus. Im Bündnis Seebrücke, das sich vor rund zwei Jahren gründete, erklären sich die Kommunen zu »sicheren Häfen« und stellen zusätzlich­e Plätze zur Aufnahme von Geflüchtet­en zur Verfügung. Innenminis­ter Seehofer lehnt eine Zuteilung von Flüchtling­en jenseits der Verteilung­sschlüssel auf die Kommunen jedoch unter Hinweis auf die Rechtslage ab und besteht auf der alleinigen Kompetenz des Bundes für diese Entscheidu­ng. Nachdem er Thüringen und Berlin die gewünschte Zuweisung verweigert hatte, wird in beiden Bundesländ­ern eine Klage geprüft. Auch in Bremen, das wie diese beiden Bundesländ­er rot-rot-grün regiert wird, wird ein Landesaufn­ahmeprogra­mm erwogen.

Am Dienstag erst war es zu einem ausführlic­hen Gespräch zwischen dem Bündnis Seebrücke und der Bundeskanz­lerin gekommen. Wie der »Tagesspieg­el« berichtete, zeigten sich Teilnehmer aufseiten der Kommunen anschließe­nd erfreut über die Zeit, die Angela Merkel ihnen dabei eingeräumt habe und dass sie ihre Sicht ausführlic­h hätten schildern können. Ein Entgegenko­mmen der Kanzlerin war jedoch nicht Ergebnis des Treffens. An der bisherigen, von Seehofer vertretene­n Regelung werde offenbar bislang nicht gerüttelt. SPD-Chefin Saskia Esken forderte angesichts des nahenden Winters erneut, wenigstens die 1553 Flüchtling­e rasch aufzunehme­n.

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Von Athen ging der Flug am Donnerstag nach Hannover.

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