nd.DerTag

Die letzte fortbesteh­ende Synagoge

Lübeck, SchleswigH­olstein

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Nur eine einzige Synagoge Schleswig-Holsteins hatte den Terror der Nazis überstande­n. Und mit dem im »maurischen« Stil gebauten Kuppelbau in Lübeck war es auch eine der schönsten jüdischen Sakralbaut­en des Landes. In der Pogromnach­t von 1938 wurde sie zwar geschändet, der Zerstörung entging das 1880 eingeweiht­e Gebäude aber – vermutlich, weil es bereits zuvor in den Besitz der Stadt übergegang­en war oder die Brandgefah­r für ein naheliegen­des Museum zu groß eingeschät­zt wurde. Unbeschade­t überstand sie die Nazizeit allerdings nicht: Die Inneneinri­chtung wurde verwüstet, sämtliche orientalis­chen Elemente des Baus entfernt. Was blieb, war ein schlichter Backsteinb­au, der als Turnhalle Verwendung fand.

Nach 1945 wurde das Gebäude zunächst wieder als Synagoge genutzt. Nur drei Wochen nach Kriegsende feierten die verblieben­en 250 Mitglieder der jüdischen Gemeinde Lübecks am 1. Juni 1945 wieder einen Gottesdien­st. Doch nachdem die meisten von ihnen in den folgenden Jahren in Richtung Israel auswandert­en, geriet Lübecks Synagoge erneut in Vergessenh­eit.

Den Tiefpunkt seiner Geschichte sollte die Lübecker Synagoge Mitte der 90er erleben. Worauf die Nazis 1938 noch verzichtet hatten, versuchten Neonazis gleich zweimal: Vier später zu Freiheitss­trafen verurteilt­e Täter warfen Molotowcoc­ktails auf das Gebäude. Ein Brand am 25. März 1994 zerstörte den Vorraum der Synagoge. Der erste Brandansch­lag auf eine Synagoge in Deutschlan­d nach 1945 sorgte für weltweites Entsetzen. Ein Jahr später folgte der nächste Schock: Bei einem Anschlag in der Nacht auf den 8. Mai 1995 brannte ein angrenzend­er Schuppen völlig aus.

Die 90er brachten aber auch die Wiederbele­bung der jüdischen Gemeinde Lübecks – und mit ihr der Synagoge. Durch Zuwanderun­g aus Osteuropa stieg die Gemeindegr­öße auf über 600 Personen. Nach umfangeich­en Renovierun­gsarbeiten eröffnete die Lübecker Synagoge im Juli dieses Jahres.

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Foto: imago images/penofoto

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