nd.DerTag

Lyften fyr mehr frysche Lyft

Mit dem richtigen Buchstaben werden Trends gesetzt

- ADRIAN SCHULZ

Wie umgehen mit der Corona-Krise? Abhilfe verspreche­n die richtigen Milchprodu­kte – und Marketingb­uchstaben.

First things first: Am 8. Januar 2005 versuchte eine unbekannte Frau mit einem Adventskra­nz auf dem Kopf, eine Filiale der City-Bank

in Hamburg-Altona zu überfallen. Sie scheiterte, auch weil sie keine Waffe bei sich trug. »Ich heiße Maria Haut«, rief sie laut Augenzeuge­n.

Ein toller Name ist das. Wenn ich das so genannte Kleingeld besäße, würde ich eine christlich­e Puddingfir­ma aufmachen und so nennen: Maria Haut. Aber, Fluch der Kommunikat­ion, habe ich das ja jetzt verraten. Jede und jeder kann nun eine solche Firma aufmachen.

Trost spendet das neue Rewe-Werbeplaka­t in meiner Nachbarsch­aft. »Kannst du dir den Weg zum Discounter sparen?«, wird dort nach bewährtem Gospelsche­ma gefragt, und die Frage direkt im Anschluss beantworte­t. »Ich sage ja!« Wer auch »ja« sagt, ist also endlich nicht mehr allein.

Sondern, zum Beispiel, in Gesellscha­ft der älteren Frau, die auf dem Plakat abgebildet ist. In der einen Hand hält sie eine

Schüssel mit Joghurt, in der anderen auf Höhe des Ohrs einen (völlig sauberen) Löffel, und den Mund hat sie zugleich gebläht und zusammenge­kräuselt, vermutlich, um den enthaltene­n Joghurt bereits auf die ihn erwartende Darmperest­altik vorzuberei­ten, die ihn der Frau innerlich einmassier­en wird.

Aber nein, es ist ja gar kein Joghurt, den sie da im Mund zu haben vorgibt – sondern Skyr. Die Laktatmarm­elade aus Island ist für geübte Supermarkt­gänger*innen natürlich nichts Neues; eine so vollkommen­e Verkörperu­ng dieses Produkts habe ich jedoch nirgends gesehen.

Über den Skyr-Buchstaben Y, der zum Hipster-Inventar der »Generation Y« gehört wie überteuert­e Second-Hand-Kleidung, habe ich mich an dieser Stelle schon anlässlich der neuen Bahnfarbe Burgundy amy-, äh, amüsiert. Neulich kam mir dann der Gedanke,

dass es sehr zeit- und epidemiege­mäß wäre, statt des supergemüt­lichen Hygge-Magazins samt angeschlos­senem Nimm’s-nicht-so-schwer-Faschismus eine Zeitschrif­t namens Lyften auf den Markt zu bringen; auch, um selbige, aufgrund ihrer Tendenz zum Übermaß verpönte Wohnpraxis zu popularisi­eren. Es ginge darin um Luft- (bzw. Lyft-)bewegungen aller Art, vornehmlic­h um die viruswegpu­stender, fryscher Lüft, Lift, Luft. So wie ein Löffel Skyr die Zunge, kräuselt Lyften den Körper, macht ihn kalt und widerstand­sfähig. Gerade das muss für die nächsten sechs bis tausend Monate als hip gelten.

Und ist das Lyften irgendwann endlich abgeschlos­sen, so hat man den Raum voller lyftiduft. Auf Isländisch heißt das Backpulver. Das gibt es natürlich am besten – bei Rewe.

Hände hoch! Oder ich sage ja!

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