Untersuchungshaft nach A 49-Protesten
Staatsanwaltschaft begründet Maßnahme mit Fluchtgefahr
Frankfurt am Main. Nach einer Protestaktion am Montag, bei der sich Gegner des umstrittenen Ausbaus der Autobahn 49 im hessischen Dannenröder Forst von drei Autobahnbrücken im Rhein-Main-Gebiet abseilten, sind neun Aktivisten in Untersuchungshaft genommen worden. Gegen zwei weitere Umweltschützer habe es ebenfalls Haftbefehle gegeben, diese seien jedoch außer Vollzug gesetzt worden, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Mittwoch.
Die Behörde wirft den Aktivisten Nötigung vor. Sie begründete die Haftbefehle mit Fluchtgefahr, weil die Beschuldigten die Feststellung ihrer Identität vereitelt haben sollen. Die Haftbefehle seien »skandalöse Justizentscheidungen«, teilten hingegen die Aktivisten am späten Dienstagabend mit. Sie warfen den Behörden »politische Justiz« vor.
Am Montagmorgen hatten sich die Aktivisten über drei Autobahnen in Hessen abgeseilt. Die betroffenen Abschnitte der Autobahnen 3, 5 und 661 in der Region Frankfurt und Wiesbaden wurden aus Sicherheitsgründen gesperrt. Bis Mittag beendeten Beamte die Protestaktionen. Zwölf Demonstranten, die sich von Brücken abgeseilt hatten, kamen in Gewahrsam. Gleiches galt für 18 Aktivisten, die die Aktionen vor Ort unterstützten.
Während der Abseilaktion an der Brücke über die A 661 ereigneten sich zwei Unfälle. Bereits vor zwei Wochen hatte sich bei einer ähnlichen Protestaktion von Aktivisten an der A 3 ein Unfall ereignet, bei dem ein Autofahrer schwer verletzt wurde. Er fuhr mit seinem Wagen in ein Stauende. Die Polizei ermittelt wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.
In Berlin besetzten am Mittwochmorgen Umweltschützer die Bundesgeschäftsstelle der Grünen. Sie warfen dem hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) Verrat vor und forderten die Bundesparteispitze dazu auf, Verantwortung zu übernehmen. Die Beamten stellten fünf Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch, weil einige Aktivisten auf einem Balkon ein Transparent entrollt hatten.
In Hessen hängten Umweltschützer laut der Organisation Attac in der Nacht zum Mittwoch gefälschte Grünen-Plakate auf. Sie protestierten damit gegen die Rodung, die von den mitregierenden Grünen in Hessen mitgetragen werde. Am Nachmittag demonstrierten Aktivisten vor dem Wiesbadener Landtag.
Seit über einem Jahr protestieren Umweltschützer in Hessen gegen den umstrittenen Ausbau der A 49, die durch das Waldgebiet um den Dannenröder Forst führen soll. Der eigentliche Bau der Autobahn soll laut dem Landkreis Vogelsberg erst im September 2021 beginnen. Derzeit laufen vorbereitende Arbeiten. Dabei sollen bis Februar 2021 zunächst 27 Hektar Wald gefällt werden. Die Rodungen begannen vor drei Wochen und werden von Protesten begleitet.