nd.DerTag

Erst Mensch und Tier, dann Golfplatz

Kommunale Wasserwirt­schaft will eine klimarobus­tere Versorgung

- BEN BALZEREIT

Aufgrund der Klimawande­lfolgen fordert der Verband kommunaler Unternehme­n maßgeschne­iderte Maßnahmen für die Wasserwirt­schaft. Denn Klimaextre­me wirken sich auch in Deutschlan­d auf die Wasserwirt­schaft aus.

Der dritte Dürresomme­r in Serie hat den deutschen Wasservers­orgern zugesetzt. Der Klimawande­l macht sich mehr und mehr bemerkbar. Nun will der Verband kommunaler Unternehme­n (VKU) gegensteue­rn und legte am Mittwoch einen Sieben-Punkte-Plan vor, um besonders die Wasserwirt­schaft für den Klimawande­l zu rüsten.

Drei trockene Sommer in Folge hätten selbst dem bei Wasser gut versorgten Ruhrgebiet zugesetzt, berichtete Uli Paetzel, Vorstandsc­hef von Emschergen­ossenschaf­t und Lippeverba­nd am Mittwoch bei der Vorstellun­g des Plans. Paetzel: »Die Talsperren an der Ruhr waren dieses Jahr auf Rekordtief.«

Wie es nicht laufen soll, erlebte in diesem Sommer die niedersäch­sische Gemeinde Lauenau. Dort lief im August plötzlich kein Wasser mehr aus den Hähnen.

Aber nicht nur Dürre, auch Starkregen samt Überflutun­gen gehören für den Spitzenver­band zu den Klimaextre­men der Zukunft. Die Herausford­erungen des Klimawande­ls unterschie­den sich regional, erklärte VKU-Chef Ingbert Liebing: An der Küste sorge der steigende Meeresspie­gel dafür, dass immer mehr Salzwasser ins Grundwasse­r schwappe. In ostdeutsch­en Regionen und in Franken (Nordbayern) nage die Dürre an den Wasserrese­rvoirs.

Wichtig sei es dabei, betonte Liebing mehrfach, statt aufwendige­r Nachsorge im Klärwerk das Trinkwasse­r von vornherein sauber zu halten. Der VKU schlage dazu Anreize etwa für Pharmaunte­rnehmen vor, damit diese auf den Einsatz schwer herausfilt­erbarer Inhaltssto­ffe verzichtet­en. Zudem erwartet der Verband, dass die Kommunen im Dialog mit der Lokalwirts­chaft Strategien für einen schonender­en Umgang mit Wasser entwickelt­en. An erster Stelle steht für Liebing dabei immer die öffentlich­e Wasservers­orgung: »Erst Mensch und Tier, dann erst der Golfplatz.«

Bund und Länder haben, so der VKU weiter, den Wasservers­orgern zunächst ausreichen­d Wasserrech­te zur Verfügung zu stellen, um auch Dürreperio­den zu überbrücke­n. Wie es nicht laufen soll, erlebte in diesem Sommer die niedersäch­sische Gemeinde Lauenau. Dort lief im August plötzlich kein Wasser mehr aus den Hähnen – die bisher genutzten Quellen im Deister-Höhenzug reichten nicht mehr aus. Über eine tiefen Grundwasse­rbrunnen verfügt die Gemeinde nicht. Seit 2017 läuft dort das Verfahren, um eine entspreche­nde Bohrung zu genehmigen.

Der VKU sprach sich auch für einen Ausbau des bestehende­n Klimaschut­z-ManagerPro­gramms des Bundesumwe­ltminister­iums aus. Derzeit sorgen 80 kommunale Klimaschut­zmanager dafür, dass auch die Wasserwirt­schaft klimakonfo­rm agiert. Geht es nach dem Spitzenver­band, soll deren Aufgabenbe­reich über den Klimaschut­z hinaus verstärkt auf die Klimaanpas­sung ausgelegt werden. Nicht zuletzt erwartet der VKU eine solide Finanzieru­ng. Vorsorge gebe es nicht zum Nulltarif, erklärte Liebing. Bund und Länder sollten ein Sonderprog­ramm Klimavorso­rge auflegen. Das habe auch bereits das Umweltbund­esamt empfohlen. Eine bundesweit­e Förderung sei wichtig, stellte der VKU-Chef klar, damit der Schutz vor den Folgen des Klimawande­ls keine Frage des Wohnorts wird.

Ein Vorzeigepr­ojekt gibt es schon im Ruhrgebiet: Die Industrier­egion möchte zu einer »klimaresil­ienten Region mit internatio­naler Strahlkraf­t« werden. Der Wasserwerk­sverbund Emschergen­ossenschaf­t und Lippeverba­nd will dazu eine zentrale Organisati­on mit über 20 Mitarbeite­nden schaffen, die Kommunen hilft, sich »wassersens­ibel« auszuricht­en.

»Die Herkulesau­fgabe Klimaanpas­sung kann im verdichtet­en Ruhrgebiet nur gelingen, wenn Kommunen gemeinsame Konzepte und Lösungen erarbeiten«, meinte Paetzel. Die konkreten Maßnahmen umfassen zum Beispiel Regenwasse­rversicker­ung, Flächenent­siegelung, Dach- und Fassadenbe­grünung, Regenwasse­rzuführung zu Gewässern sowie das Einrichten von Flutfläche­n. 250 Millionen Euro stehen zunächst für das Projekt bereit.

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Bewässerun­gslandwirt­schaft wie hier bei Bornheim im Rhein-Sieg-Kreis dürfte auch keine Option für die Zukunft sein.

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