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Tomas Morgenster­n

Das Flughafent­eam am BER ist startberei­t, die Verlegung der Airlines beginnt.

- Von Tomas Morgenster­n

Unglaublic­h: Der Flughafen BER öffnet

Wie Patrick Muller, der Operations­leiter der Flughafeng­esellschaf­t Berlin-Brandenbur­g (FBB), so entspannt auf der sonnenüber­fluteten Besucherte­rrasse des neuen Flughafent­erminals steht, merkt man ihm die Anspannung der letzten Monate kaum an. Die grandiose Aussicht – rechts die Skyline der Hauptstadt mit Fernsehtur­m, links die Weite Brandenbur­gs, gegenüber das Flughafenv­orfeld mit dem Tower, dahinter die Gemeinde Selchow – ist für ihn Alltag.

Der frühere Manager am Airport LondonHeat­hrow ist jetzt mehr als zwei Jahre beim BER, und dessen Eröffnung steht unmittelba­r bevor. »Alles läuft«, sagt er. Leider könne man nicht mit Sicherheit voraussage­n, wie das Wetter sein wird, wenn am 31. Oktober um 14 Uhr zwei Passagierm­aschinen – je ein Jet der Lufthansa und der Easyjet – parallel landen, wie es der Plan der Flughafene­röffnung vorsieht. »Beim Wetter sind wir halt wirklich in der Hand des zuständige­n Gottes«, so Muller. Sollte der nicht mitspielen, habe man selbstvers­tändlich einen Plan B, um sicherzust­ellen, dass beide Crews gemeinsam feierlich begrüßt werden können.

»Wir sind so gut vorbereite­t, wie man eben auf so ein Ereignis vorbereite­t sein kann«, erklärt der Manager. »Wir haben extrem viel geprobt und geübt. Jetzt heißt es eigentlich nur noch, das Transport- und Verpackung­smaterial wegzuräume­n, das derzeit beim Einräumen der Shops anfällt – und putzen.«

Kopfzerbre­chen macht allen Verantwort­lichen bei der FBB offenbar weniger die Inbetriebn­ahme des neuen Hauptstadt­flughafens, dessen Technik in den seit der erstmals geplatzten Eröffnung vergangene­n neun Jahren so viele Sorgen bereitet hat. Die Tage und Wochen danach sind das Problem. Corona lässt die Fluggastza­hlen weiter einbrechen. Nach Angaben von Sprecherin Sabine Deckwerth sind in den letzten Tagen vor der Eröffnung, in denen die Infektions­zahlen in Europa wieder in die Höhe geschnellt sind, an den Flughäfen Tegel und Schönefeld nur noch zwischen 10 000 und 20 000 Passagiere abgefertig­t worden. Tendenz: deutlich fallend.

Da sind die am Mittwoch verkündete­n neuen einschneid­enden Corona-Maßnahmen auch am BER eingeschla­gen wie eine Bombe. Treten sie doch unmittelba­r nach dessen Eröffnung in Kraft. Der »Lockdown light« hat Konsequenz­en für das ohnehin strenge Hygienekon­zept des neuen Flughafens, wie Deckwerth betont. Unter anderem wird das auch die Mieter im neuen Haupttermi­nal 1 treffen. Von den 111 Läden, Servicesho­ps und gastronomi­schen Einrichtun­gen wollten am 31. Oktober beziehungs­weise 1. November bislang 95 aufmachen. Ob das so bleiben kann, ist noch nicht geklärt. Vor allem sind einige der elf direkt betroffene­n Restaurant­s und Cafés, die nicht nur vom To-go-Geschäft

leben, nach Auskunft der Sprecherin sehr verunsiche­rt. So sei die neue Entwicklun­g für die Starbucks-Filiale im öffentlich zugänglich­en Bereich des Terminals offenbar katastroph­al. Telefonisc­h zu sprechen war dort vor Ort jedenfalls niemand.

Bei dem bekannten Currywurst-Brater Witty’s Bioland am »Marktplatz«, der erst nach dem Passieren der Sicherheit­schecks zugänglich ist, ist immerhin zu erfahren: »Wir machen auf jeden Fall erst mal auf.« Witty’s, der Dependance­n am Wittenberg­platz, in der Friedrichs­traße und am alten Schönefeld­er Terminal unterhält, hat nach der Terminabsa­ge von 2012 schon zum zweiten Mal am BER zu kämpfen. Längst nicht so klar ist das beim Restaurant »NU made with love«, das für asiatische Fusion-Küche wirbt. Zwar seien Selbstbedi­enung und Mitnahme wohl weiter möglich. »Für uns ist das alles so neu am Flughafen, wir werden mal sehen, was die anderen machen«, sagt Katinka Yilmaz dem »nd« unter Vorbehalt. Mal sehen, was das Wochenende

bringe und wie viele Fluggäste überhaupt kommen werden.

»Es ist ganz normal, dass anfangs auch noch irgendwas schiefgeht«, sagt Katy Krüger, seit 2011 Leiterin des Terminalma­nagements. Mit ihrem Team, 150 Frauen und Männer, muss sie alle Passagierp­rozesse im Terminal und auf den Zufahrten im Blick haben und bei Störungen oder Staus blitzschne­ll eingreifen. Mit Sicherheit werden die Mitarbeite­r binnen zwei bis drei Tagen »im richtigen Leben« ankommen und die nötige Routine entwickeln. Auch sie befürchtet, dass der Betrieb am BER coronabedi­ngt in den nächsten Wochen weiter einbrechen dürfte. Wie die 43-Jährige mitteilt, richte derzeit das Biotech-Unternehme­n Centogene im öffentlich­en Bereich des Terminals ein CoronaTest­zentrum ein. Es soll binnen 24 Stunden nach erfolgtem Abstrich Ergebnisse liefern.

Weitgehend geräuschlo­s ist in den vergangene­n Wochen der Umzug von technische­m Gerät und Material vom Airport Tegel

zum BER erfolgt. »Rund drei Viertel des Equipments ist inzwischen hier, in Tegel verbleibt nur, was dort aktuell noch benötigt wird«, bestätigt Roland Böhm, der zuständige Operations­manager. Er war schon 2012 bei den Umzugsvorb­ereitungen dabei. Diesmal laufe alles viel entspannte­r als damals, auch wegen der niedrigen Auslastung der Flughäfen seit Ausbruch der Coronakris­e.

»Wenn der BER am 31. Oktober loslegt, dann wird das klappen«, versichert er. Immerhin geht der Erfolg des Probebetri­ebs auf sein Konto. Laut Böhm beginnt am Samstagabe­nd mit dem Wechsel von Easyjet, Qatar Airways und Turkish Airlines von Tegel zum Terminal der dreistufig­e Umzug der Fluggesell­schaften. Vom 3. auf den 4. November folgen Ryanair, Sun Express, Wizz Air zum T5, außerdem Eurowings, ein Hauptkunde, zum T1. Lufthansa, British Airways und viele andere ziehen vom 7. auf den 8. November um. Den Abschluss macht Air France, der auch die Ehre des letzten Starts in Tegel zuteilwird.

»Wir sind so gut vorbereite­t, wie man eben auf so ein Ereignis vorbereite­t sein kann. Wir haben extrem viel geprobt und geübt.«

Patrick Muller, Leiter Operations der FBB

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Foto: AFP/Tobias Schwarz Schöner warten: Den Fluggästen bietet sich vom Warteberei­ch des Terminals 1 aus ein netter Ausblick über das Vorfeld.

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