nd.DerTag

Massenlock­down ja, aber sozial

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Sebastian Bähr über gerechte Alternativ­en zur Corona-Politik

Am Montag treten nun die neuen Maßnahmen zur Bekämpfung der CoronaPand­emie in Kraft. Klar ist, dass etwas Drastische­s getan werden musste: Herausgeko­mmen ist jedoch nur ein halbgarer Lockdown. Die aus kapitalist­ischer Sicht vernachläs­sigbaren Branchen werden runtergefa­hren. Industrie, Mittelstan­d, Schlachthö­fe und Großraumbü­ros arbeiten weiter. Offen kommunizie­ren Politiker, dass das Laufen der »Wirtschaft« oberste Priorität hat. Die einen müssen also weiter zur Lohnarbeit, aber haben außer Shopping keine Möglichkei­ten mehr zur Erholung und Zerstreuun­g. Die anderen machen sich Sorgen um ihre wirtschaft­liche Existenz, weil das Geschäft vor der Schließung steht. Diese widersprüc­hliche Politik wird weder den gesundheit­lichen Anforderun­gen noch der ökonomisch­en Härte gerecht.

Ja, wir müssen die Welle schleunigs­t brechen, um das Leben Tausender zu schützen. Dieses Ziel werden wir jedoch nur erreichen, indem letztlich noch viel mehr Menschen als jetzt zu Hause bleiben. Das klappt aber wiederum nur, wenn alle ökonomisch abgesicher­t sind. Ein bedingungs­loses Coronaeink­ommen, rasche Hilfen für betroffene Kleinunter­nehmen und Selbststän­dige, sowie die Aussetzung von Mietzahlun­gen und Hausräumun­gen sind notwendig. Diese Maßnahmen würden nicht nur die Bereitscha­ft zur Umsetzung der Corona-Regeln erhöhen – man kann sie auch finanziere­n. In diesem Jahr hat die deutsche Kapitalist­enklasse durch steigende Wertpapier­kurse ihr Vermögen um viele Milliarden Euro erhöht. Die soziale Spaltung ist gewachsen, wie lange nicht mehr. Es ist daher nur gerechtfer­tigt, wenn man die Reichen die Kosten tragen lässt. Ob über Vermögenss­teuern, Sonderabga­ben oder Vergesells­chaftung: Sie müssen für den sozialen Massenlock­down zahlen. Sie können es sich leisten – wir nicht.

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