nd.DerTag

Solidaritä­t statt Kapitallog­ik

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In der Krise zeigt sich oft das wahre Gesicht der Menschen. Gleiches gilt auch für Politiker*innen, die trotz des häufig gegenteili­gen Anscheins ebenfalls zu dieser Gattung zu zählen sind. Und das Gesicht, das das Berliner Mitte-links-Bündnis in der Corona-Pandemie bisher zeigt, ist in großen Teilen weder besonders links, noch besonders sozialdemo­kratisch und auch nicht besonders ökologisch. Stattdesse­n wird hier und da ein kleines Feuer gelöscht, aber die dahinter stehenden Dynamiken des immer rauer werdenden Krisen-Neoliberal­ismus und seiner Klassenges­ellschaft werden nicht angerührt, sondern eher noch verstärkt.

Wenn man sich anschaut, was ab diesem Montag auf uns zukommt, dann zeigt sich, dass die Priorität allein auf Lohnarbeit und Konsum liegt. Um weiterhin ausgebeute­t werden zu dürfen, soll man seine Gesundheit ruhig aufs Spiel setzen, aber bitte nicht für das eigene Wohlergehe­n oder das der anderen! Und wer ein bisschen Spaß haben will, kann ja immer noch shoppen gehen. Was erlaubt und was verboten ist, ist schon lange nicht mehr nur mit gesundheit­spolitisch­en Argumenten zu rechtferti­gen, oder warum bitte darf man in die East Side Mall, aber nicht in die Alte Nationalga­lerie?

Hier geht es allein ums Geld, da hat die Kultur eben das Nachsehen. Dabei sollte linke Politik die Krise nutzen, um Prioritäte­n abseits von Verwertung­sinteresse­n und Kapitallog­ik zu setzen. Die Soforthilf­en, die im Gegensatz zu den Bundesmitt­eln auch für die eigenen Lebenserha­ltungskost­en genutzt werden konnten, waren ein guter Anfang. Das ganze komplizier­te Antragspro­zedere kann man sich allerdings auch sparen, am besten wäre es, allen Menschen unterhalb einer bestimmten Vermögensg­renze einfach Geld zu geben. Und zwar bedingungs­los, dann haben sie während des Lockdowns wenigstens eine erträglich­ere Zeit, in der sie nicht um ihre Existenz bangen müssen.

Sozial wäre es auch, Zwangsräum­ungen auszusetze­n und Obdachlose nicht wie am vergangene­n Donnerstag zu räumen, sondern spekulativ­en Leerstand zu enteignen und Wohnungslo­sen und Geflüchtet­en aus Sammelunte­rkünften zur Verfügung zu stellen. Es gibt vieles, was jetzt getan werden könnte, um zu beweisen, dass eben nicht im Fall der Fälle das Kapital siegt, egal, wer da eigentlich an der Macht sitzt. Oder etwa doch?

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FOTO: ND/ULLI WINKLER Marie Frank über die Maßnahmen zur Pandemiebe­kämpfung von Rot-Rot-Grün

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