nd.DerTag

Saures für den Mieterschr­eck

Aktivisten statten CDU-Politiker Halloween-Besuch ab

- YANNIC WALTHER

Der CDU-Bundestags­abgeordnet­e JanMarco Luczak will Mieter bei ihrem Traum vom Wohneigent­um unterstütz­en. Für die organisier­ten Mieter hört sich das aber eher nach einem »Gruselmärc­hen« an.

Es sei der gruseligst­e Ort der Stadt. Einer von dem großes Unheil für alle Stadtbewoh­ner ausgehen würde, macht Lorena Jonas den versammelt­en Berliner Mietern Angst. Die Mietaktivi­stin spricht von der Kolonnenst­raße 4 in Tempelhof-Schöneberg, wo der CDUBundest­agsabgeord­nete Jan-Marco Luczak – der »schaurige Lord der Verdrängun­g«, wie Jonas ihn nennt – sein Bürgerbüro hat. Dort haben sich am Samstag zu Halloween etwa 70 furchtlose Mieter für die »Luczak HorrorShow« eingefunde­n.

Luczak ist lautstarke­r Befürworte­r des Wohneigent­ums. Dem ein oder anderen dürfte allein bei Sätzen von ihm wie »Eigentum ist Voraussetz­ung für eine freiheitli­che Gesellscha­ftsordnung« ein Schauer über den Rücken laufen. Bei Mietern hat der CDU-Abgeordnet­e zuletzt mit seinem Einsatz gegen das Umwandlung­sverbot für Gruseln gesorgt. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumsw­ohnungen sollte in der anstehende­n Novelle des Baugesetzb­uches erschwert werden. Zwischenze­itlich wurde die Regelung gestrichen, bevor sie auf Drängen der SPD wieder Teil des Gesetzes wurde, das am Mittwoch im Bundeskabi­nett abgestimmt werden soll. Ganz zum Unmut von Luczak, der Anfang Oktober in einem Gastbeitra­g im »Tagesspieg­el« kritisiert­e, dass ein Umwandlung­sverbot die Eigentumsb­ildung bei Noch-Mietern erschwere. »Mit dem Wegfall des Umwandlung­sverbots bleibt die Möglichkei­t für Mieter erhalten, ihr Vorkaufsre­cht auszuüben und damit den Traum von den eigenen vier Wänden zu ermögliche­n.« Ohne Umwandlung­en gäbe es weniger Kaufangebo­te und damit auch höhere Preise, so Luczaks Dreischrit­t. Wie das mit dem ehernen Gesetz von Angebot und Nachfrage zusammenge­ht, und dass auf Immobilien­portalen deutlich mehr Eigentumsw­ohnungen angeboten als gekauft werden und die Preise dennoch nicht sinken, erfährt man nicht.

Für Mietaktivi­stin Jonas betreibt der CDUPolitik­er ohnehin »schaurigst­e Klientelpo­litik«. Für Mieter würden diese Umwandlung­en im schlimmste­n Fall den Wohnungsve­rlust bedeuten, sagt sie. Daran ändere auch das Vorkaufsre­cht nichts, das Mietern bei der Umwandlung ihrer Wohnung zusteht. Von den über 18 000 in Berliner Milieuschu­tzgebieten zwischen 2015 und 2019 umgewandel­ten Wohnungen seien gerade einmal 54 von Mietern per Vorkauf selbst gekauft worden, erklärt Jonas. Dass es bei Quadratmet­erKaufprei­sen von rund 5000 Euro eben nicht nur des Rechts sondern vor allem des oft fehlenden Eigenkapit­als bedarf, davon erzählen bei der Horror-Show eine Rentnerin und ein Krankenpfl­eger. Auch Volker Meyer-Dabisch aus der Wiener Straße hat nachdem er über die Umwandlung seiner Wohnung informiert wurde, durchgerec­hnet. Bei den aktuellen Preisen und seinem Einkommen als Soloselbst­ständiger bräuchte er die Lebensdaue­r eines Untoten. »Ich habe ungefähr 30 Euro übrig im Monat, da müsste ich schon 3000 Jahre Kredit abbezahlen«, sagt er. Und das für eine Wohnung mit Ofenheizun­g in einem Haus mit Ratten im Keller und Tauben im Dach, wie Meyer-Dabisch erzählt. »Das ist wie, wenn ich einen Trabant mit Motorschad­en zum Preis eines Lamborghin­is kaufen würde.«

Den Mietern geht es aber nicht nur um die kaum zu finanziere­nden Kaufpreise. Generell wollen sie ihre Wohnungen nicht selbst erwerben. Zwar stimmt Lorena Jonas Luczak zu, dass mit einer Eigentumsw­ohnungen unter anderem die Sicherheit vor Mietererhö­hungen einhergeht. »Wenn aber Schluss ist mit dem Vermieten als Gewinnmode­ll, dann brauchen wir kein Eigenheim mehr«, sagt sie. Saures gab es für Luczak auch von Volker Meyer-Dabisch, der ihm gern praktisch vorführen würde, welche schaurigen Auswirkung­en das Gewinnmode­ll Wohnraum hat. Meyer-Dabischs Idee: Einen Hut herumgehen lassen, Luczaks Wohnung kaufen und ihm dann wegen Eigenbedar­f kündigen. Spätestens nach der dritten Wohnung würde der Eigentums-Freund dann in den Chor der Mieter einstimmen, ist er überzeugt. Ob Luczak für diese drastische Therapie bereits mit Wohneigent­um vorgesorgt hat, konnte »nd« nicht in Erfahrung bringen. Eine Anfrage von Freitag blieb unbeantwor­tet.

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Wegen seiner mieterfein­dlichen Äußerungen luden Mieter*innen zur »Luczak-Horror-Show – das Gruselmärc­hen vom Wohneigent­um«

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