nd.DerTag

S-Bahn auf Zukunftsku­rs

Planungen für mehr Züge und neue Strecken laufen

- NICOLAS ŠUSTR

Mit dem Programm i2030 soll der Schienenve­rkehr in Berlin und Brandenbur­g deutlich ausgebaut werden. Die Finanzieru­ng für die Planung der Siemensbah­nWiederinb­etriebnahm­e steht.

»Für mehr Takt im Netz«: Unter diesem Motto startete am Freitag eine Kampagne zur »Weiterentw­icklung und Engpassbes­eitigung« bei der Berliner S-Bahn. Der Verkehrsve­rbund Berlin-Brandenbur­g (VBB), die Netztochte­r der Deutschen Bahn (DB) und die beiden Länder wollen Pendler damit über geplante Verbesseru­ngen informiere­n. 35 Einzelproj­ekte zu neuen Stationen, zusätzlich­en Weichen, Gleisen und Signalen und einer besseren Stromverso­rgung für einen dichteren Verkehr werden untersucht. »Die Grundlagen­ermittlung ist weitgehend abgeschlos­sen«, sagt Berlins Verkehrs-Staatssekr­etär Ingmar Streese (Grüne). VBB-Chefin

Susanne Henckel erklärt aber auch, was das heißt: »Wir stehen ganz am Anfang mit unseren Planungen.«

Immerhin für die Wiederinbe­triebnahme der Siemensbah­n nach Gartenfeld wurde am Donnerstag die Finanzieru­ngsvereinb­arung mit der DB über Vorentwurf­s-, Entwurfs- und Genehmigun­gsplanung unterzeich­net. 30 Millionen Euro sind dafür laut Streese veranschla­gt. 2029 sollen dort wieder S-Bahnen fahren. Bei der DB geht man allerdings davon aus, dass der Betrieb bereits 2027 wieder aufgenomme­n werden könnte, und zwar inklusive des zusätzlich­en Gleises und Bahnsteigs in Jungfernhe­ide, für das als Neubau ein Planfestst­ellungsver­fahren nötig ist.

Vergleichs­weise zügig sollen auch zusätzlich­e Weichen am Hauptbahnh­of kommen. Sie sollen 2024 eingebaut werden, also in der Zeit der Sperrung der Strecke zwischen Friedrichs­traße und Tiergarten wegen der Erneuerung der Brückenübe­rgangskons­truktionen.

Dann können S-Bahnen im Gegensatz zu heute bei Bauarbeite­n oder Störungen den wichtigen Knotenpunk­t stets von zumindest einer Seite erreichen. Doch der große Rest der geplanten Maßnahmen wird sich nicht vor der zweiten Jahrzehnth­älfte materialis­ieren.

Zum Beispiel der Einbau zusätzlich­er Signale am Südring der S-Bahn rund um den Bahnhof Neukölln. Schon im Normalbetr­ieb ist mit S41, S42, S45, S46 und S47 die Leistungsf­ähigkeit der Strecke ausgeschöp­ft. Bereits kleine Verspätung­en sorgen für Chaos. »So sehr ich es begrüße, dass es Schritt für Schritt weitergeht, so gibt es Dinge darunter, die schon längst hätten angegangen werden müssen«, sagt denn auch Jens Wieseke, Sprecher des Berliner Fahrgastve­rbands IGEB zu »nd«. »Schon bei der Wiederinbe­triebnahme der Strecke 1993 wurde uns versproche­n, dass die Signaltech­nik bald aufgerüste­t wird«, erinnert er sich. Die Planungen stammten noch aus Westberlin­er Zeiten, als noch nicht von einer Wiedervere­inigung ausgegange­n worden war.

VBB-Chefin Susanne Henckel hebt auch die zu untersuche­nde Verlängeru­ng der S75 entlang des Berliner Eisenbahn-Außenrings von Wartenberg über das Karower Kreuz zur S8 hervor. »Eine sehr komplexe Maßnahme, für die wir in einem neuen Planungsre­cht unterwegs sein werden«, nennt sie das Projekt. Zum einen soll damit der von Berlin geplante neue Werkstatts­tandort der S-Bahn angebunden werden, zum anderen will man Siedlungss­tandorte erschließe­n. Besonders die Querung des Eisenbahnk­notens Karower Kreuz dürfte sehr teuer und komplex werden. »Wir haben genug Werkstätte­n, volkswirts­chaftlich ist der Bau unsinnig. Und die drei Krötenpfuh­le entlang der Trasse brauchen keine Erschließu­ng«, sagt Fahrgastve­rtreter Jens Wieseke. Es dürfte sehr schwierig werden, in der vorgeschri­ebenen Kosten-NutzenUnte­rsuchung die Förderfähi­gkeit durch den

Bund nachzuweis­en. »Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass der Nutzen überwiegt«, erklärt dagegen Henckel.

Für den geplanten Zehn-Minuten-Takt nach Oranienbur­g, Bernau, Strausberg und Königs Wusterhaus­en müssen zumindest abschnitts­weise zweite Gleise und Ausweichst­ellen neu gebaut werden. Wie großzügig der Ausbau ausfallen wird, ist noch offen. »Die Kosten stehen der Qualität gegenüber. Der Abwägungsp­rozess ist auf den Weg gebracht«, sagt Henckel.

»Was in der Projektlis­te fehlt, sind zusätzlich­e Gleise und Bahnsteige in Neukölln. Das destabilis­iert den Betrieb«, bemängelt Jens Wieseke. Dort fädelt die Strecke aus Baumschule­nweg in den Ring ein, oft müssen die Züge vor dem Bahnhof stehenblei­ben, weil das einzige Gleis belegt ist.

Laut Prognose soll die Zahl der Pendler zwischen Berlin und Brandenbur­g bis 2030 von 300 000 auf 380 000 pro Tag steigen.

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