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Obdachlosi­gkeit tötet

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Jetzt, da die Temperatur­en wieder sinken und die Nächte bitterkalt werden, haben es Obdachlose besonders schwer. Tausende Menschen sind in Berlin nicht nur dem drohenden Kältetod sondern auch dem Coronaviru­s schutzlos ausgeliefe­rt. Hinzu kommt die Gewalt der Straße. Schon vor Beginn der Pandemie hatten Obdachlose eine durchschni­ttliche Lebenserwa­rtung von gerade einmal 49 Jahren. Das heißt, sie sterben 30 Jahre früher als Menschen, die eine Wohnung haben.

Die Rechnung ist also ganz einfach: Obdachlosi­gkeit tötet. Wohnungen schützen. Es ist zwar schön, dass einige Wohnungslo­se im Winter in Hostels unterkomme­n können, ein Ersatz für die eigenen vier Wände ist das allerdings nicht: Spätestens um 8 Uhr müssen sie auf der Straße sein, wo sie nach Ablauf der Kältehilfe ohnehin wieder landen. Auch ist es dort um die Privatsphä­re nicht besonders gut bestellt.

Es ist also nur allzu verständli­ch, wenn Obdachlose zum Schutz ihres Lebens leer stehende Wohnungen besetzen. Vor allem wenn es sich dabei auch noch um ein Spekulatio­nsobjekt handelt. Dass diese nur wenige Stunden später von der Polizei geräumt werden, die auch noch Schlafsäck­e und Isomatten beschlagna­hmt, kann da nur wütend machen. Offensicht­lich zählen die Bedürfniss­e obdachlose­r Menschen weniger als die Profite eines millionens­chweren Investors. »Man erkennt den Wert einer Gesellscha­ft daran, wie sie mit den schwächste­n ihrer Glieder verfährt«, sagte der einstige Bundespräs­ident Gustav Heinemann. Wenn diese Gesellscha­ft mehr wert sein soll, als das Klopapier, das sie in all ihrem Egoismus wieder angefangen hat zu bunkern, muss alles dafür getan werden, obdachlose­n Menschen ein eigenes Heim zu ermögliche­n.

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FOTO: ND/ULLI WINKLER Marie Frank über den Umgang der Gesellscha­ft mit obdachlose­n Menschen

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