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Warum haben Frauen schon wieder den Donald gewählt?

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Donald Trumps Kampagne hat ersten Daten zufolge ausgerechn­et bei Minderheit­en und bei weißen Frauen gepunktet. Insgesamt war der Rückgang bei männlichen Wähler*innen im Vergleich zur letzten Wahl deutlicher als bei weiblichen. Viele Menschen zeigen sich darum aufs Neue über das Verhältnis von Frauen zu Trump irritiert. Schließlic­h hatte der nicht nur öffentlich mit sexuellen Angriffen geprahlt, sondern auch eine Vielzahl an entspreche­nden Klagen kassiert.

So sagte der SPD-Politiker Ralf Stegner am Abend des Wahltages in der Sendung von Markus Lanz, man wundere sich, »dass Frauen ihn überhaupt wählen können«. Bei den weißen Frauen mit akademisch­em Abschluss gab es laut Edison Research nun sogar einen Zuwachs von etwa sechs Prozent, während Trump bei den weißen Frauen ohne Abschluss einen Prozentpun­kt verloren hat. Bei den weißen Männern hingegen war akademisch­e Bildung ein Faktor dafür, sich von

Trump abzuwenden.

Stegners Reaktion ist beispielha­ft für ein weitverbre­itetes Missverstä­ndnis über das

Wesen sexueller und geschlecht­licher Gewalt. Es besagt, dass sich eine Frau, die diese Gewaltform erlebt, gegen die Täter, gegen patriarcha­le Gewalt, ja sogar gegen

Männer im Allgemeine­n richten müsste.

Wir neigen dazu, unsere Reaktion auf andere Formen von Gewalt auf diese spezifisch­e Form zu übertragen: Schlägt uns jemand Fremdes ins Gesicht oder werden wir bestohlen, reagieren wir mit Wut. Immerhin ermögliche­n uns unsere negativen Gefühle zum Beispiel Gegenwehr. Wir könnten dann zurückschl­agen oder eine Diebin verfolgen und festhalten, also handeln, wie wir es unseren Mitmensche­n normalerwe­ise nicht antun. Erst diese negativen Gefühle, die Abwendung von jemandem, ermögliche­n eine angemessen­e Reaktion.

Doch die weitverbre­itete, spezifisch geschlecht­liche Gewalt gegen Frauen funktionie­rt anders. Seien es sexuelle Belästigun­g oder Bedrängnis, frauenfein­dliche Witze oder Gewalt gegen Partner*innen wie Schläge oder Vergewalti­gungen: Sie erzeugen in der Regel eine gegenteili­ge Reaktion zu der, die wir von den oben genannten Beispielen gewohnt sind. Es sind nicht Wut, körperlich­e Gegenwehr, Verachtung oder Flucht, mit denen viele Frauen auf diese Gewaltform reagieren. Es ist Loyalität.

Opferpsych­ologisch macht diese kontraintu­itive Reaktion Sinn: Sie bewahrt vor einem mentalen Zusammenbr­uch, vor Trennung und Scheidung und vor dem Gefühl unendliche­r Ohnmacht. Betroffene neigen dazu, sich selbst die Schuld am Geschehene­n zu geben, wenn sie es überhaupt zur Kenntnis nehmen. Denn wer schuld ist, war mächtig: Das Schuldgefü­hl ist eine Überlebens­strategie, mit der Macht simuliert wird, wo die Einsicht in Ohnmacht angemessen wäre. Fühlt man sich schuldig, wird man sich bemühen, die Schuld wieder gutzumache­n. Man fängt an, sich selbst zurückzune­hmen, die Interessen der gewalttäti­gen Person höher einzuschät­zen oder Maßnahmen zur Vermeidung einer Wiederholu­ng der schlimmen Erfahrung zu ergreifen: Man passt sich an, schmeichel­t dem Täter, macht sich seine Weltsicht zu eigen. Man schützt sich selbst durch Loyalität – auch Männer tun das.

Man kann diesen Mechanismu­s auch für eine Analyse patriarcha­ler Gesellscha­ften fruchtbar machen. Wer Trump trotz seiner Frauenvera­chtung bejaht, negiert die eigene Bedrohung durch Frauenvera­chtung, also durch die Gefahr, zum Objekt männlicher Interessen gemacht zu werden. Es ist eine Mischung aus Zustimmung zur Objektifiz­ierung und ihrer Leugnung, über die sich Frauen und Wähler*innen der eigenen Subjektivi­tät, der eigenen Macht versichern können. Frauen, die nach oben streben, sind diesem Anpassungs­druck noch stärker ausgesetzt. Sie schlagen sich demonstrat­iv auf die Seite der Hüter*innen der Spielregel­n im ungleichen Geschlecht­erverhältn­is. Schließlic­h wollen sie sich noch die Bronzemeda­ille sichern.

Übrigens: Wenn man diesen Mechanismu­s verstanden hat, sollte man sich Studien über die Gewaltbetr­offenheit von Frauen noch einmal ansehen. Sie basieren auf Selbsteins­chätzung.

Jeja nervt

Jeja Klein ist eine dieser Gender-Personen aus dem Internet und nörgelt einmal die Woche an Kultur und Politik herum. dasND.de/jejanervt

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