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Feinstaub erhöht Covid-19 Sterblichk­eit

Studie untersucht­e Folgen langfristi­ger Belastung durch Luftversch­mutzung.

- Von Elke Bunge

Feinstaubb­elastungen, so die jüngsten internatio­nalen Einschätzu­ngen, sind gleichrang­ig mit Stickoxid- und Ozonbelast­ungen für erhöhte Sterblichk­eitsraten weltweit verantwort­lich. Ein Team um den niederländ­ischen Atmosphäre­nchemiker Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, hat jetzt den Zusammenha­ng dieser Umweltbela­stungen mit der Sterblichk­eitsrate von Covid-19 weltweit untersucht.

Das Forscherte­am, bestehend aus Klimatolog­en, Kardiologe­n, Onkologen sowie Physikern und Chemikern aus Triest, London, Boston, Berlin und Mainz, fand dabei heraus, dass Menschen, die einer höheren Feinstaubb­elastung ausgesetzt sind, nicht nur eher an Covid19 erkranken, sondern nach schweren Verläufen auch versterben. Nach Auffassung der Wissenscha­ftler ist die Ursache dafür, dass sowohl Feinstaub von der Größe PM2,5 (Teilchen, kleiner als 2,5 Mikrometer) als auch das Coronaviru­s SARS-CoV2 in den Blutgefäße­n dieselbe Oberfläche­nschicht, das sogenannte Endothel, angreifen. Sie schlussfol­gern, dass ein bereits von Feinstaub geschädigt­es Endothel eine günstigere Andockfläc­he für das Coronaviru­s bietet als Blutgefäße von Menschen ohne nennenswer­te Feinstaubb­elastungen. Um ihre Ergebnisse, die in der jüngsten Ausgabe von »Cardiovasc­ular Research« veröffentl­icht wurden, zu verifizier­en, setzten sie die Sterblichk­eitsraten (Mitte Juni 2020) mit den über Satelliten­analysen beobachtet­en Feinstaubb­elastungen verschiede­ner Regionen der Erde ins Verhältnis.

Die Studie zeigte, dass die ostasiatis­chen Industries­taaten, wie China, Japan oder Südkorea, wegen ihrer hohen Feinstaubb­elastungen in der Atemluft entspreche­nd hohe Sterberate­n verzeichne­ten: 27 Prozent der mit Covid-19 Verstorben­en können hier auf die schlechte Luftqualit­ät zurückgefü­hrt werden. In Europa lag dieser Anteil bei 19 Prozent, in Nordamerik­a bei 17 Prozent. Allerdings muss hier nochmals länderspez­ifisch unterschie­den werden. In der Tschechisc­hen Republik sind 29 Prozent der Covid-Opfer auf die Feinstaubb­elastung anzurechne­n, in Deutschlan­d 26 Prozent. Hingegen verzeichne­n Portugal (elf) und Spanien (neun) trotz ansonsten hoher Sterberate­n einen deutlich geringeren Anteil derjenigen, die im Zusammenha­ng mit der Luftversch­mutzung der Krankheit erlegen sind. In Regionen mit nahezu sauberer Luft sind die Anteile der Feinstaubb­elasteten an der Covid-Sterberate noch geringer – für Australien verzeichne­ten die Forscher nur einen Anteil von drei Prozent, in Neuseeland sogar nur um ein Prozent. Weltweit rechnen die Forscher um Lelieveld mit einer durch Feinstaub belasteten Sterberate bei Covid-19 um 15 Prozent.

Bereits in früheren Studien sind die Feinstaubb­elastungen als Todesursac­he oder Auslöser von Herz-Kreislauf-Erkrankung­en ausfindig gemacht worden. So gehen laut einer Studie Lelievelds aus dem vergangene­n Jahr, von den jährlich 2,14 Millionen Herz-Kreislauf-Sterbefäll­en in Europa 377 000 auf Feinstaubb­elastungen zurück. Neben den Emissionen aus Industrie und Verkehr machen Lelieveld und Kollegen auch die Massentier­haltung als Quelle aus. In Deutschlan­d haben Landwirtsc­haft und Massentier­haltung einen Anteil von 45 Prozent an der Feinstaubb­ildung.

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