Filmstau mit Folgen
Verleiher Arne Höhne wundert sich über Gottesdienste im Kino.
»Ein Kinostart ist wie ein Kunstwerk. Alles muss an einem Zeitpunkt zusammenfließen. Die Zeitungen müssen über den Film schreiben, Kinobetreiber müssen überzeugt sein, Onlinewerbungen müssen laufen, Plakate im Stadtbild zu sehen sein, Premieren müssen geplant sein«, sagt Arne Höhne. All das hat das Team des Berliner Filmverleihs Piffl Medien monatelang für den Film »Rosas Hochzeit« der spanischen Regisseurin Icíar Bollaín gemacht. Am 12. November hätte er in die Kinos kommen sollen. Alles Makulatur. »Diese Energie für den Film wieder neu zu schaffen, ist kaum machbar bis aussichtslos«, sagt Höhne bewegt. Dazu kommen über 30 000 Euro, die bereits in Vermarktung und Verbreitung investiert worden sind. »Für Verluste von Verleihern gab es bisher in der Regel keine staatliche Hilfe.« Nun hofft er, dass die vom Bund angekündigte Förderung von Kulturbetrieben mit 75 Prozent des Monatsumsatzes im November auch für sein Unternehmen gelten wird, das er seit 21 Jahren mit zwei Partnern führt. »Normalerweise bringen wir sechs Filme pro Jahr in die Kinos. Dieses Jahr war es bisher einer«, berichtet Höhne.
Bedrückend sei es gewesen, die Beschäftigten im Frühjahr in Kurzarbeit schicken zu müssen. Nach der Wiedereröffnung der Kinos seien die Besucherzahlen nach und nach wieder gestiegen. Natürlich mit einer deutlich geringeren Kapazität wegen der Abstandsregeln. »Bei Arthouse-Filmen ist die Beteiligung am Kinoeintritt die Haupteinnahmequelle für den Verleih. Alle anderen Verwertungsmöglichkeiten spielen eine untergeordnete Rolle«, sagt der Kulturunternehmer. Für die Kinobranche ist die erneute Schließung in der Hauptumsatzzeit fatal. Auch hier gilt, dass Umsätze kaum nachgeholt werden können. Ein regelrechter Filmstau hat sich aufgebaut. »Alle Verleiher aller Größen müssen auf die wenigen Plätze, die es gibt.«
»Wenn wir dieses Opfer wenigstens in dem Wissen bringen würden, damit das allgemeine Infektionsgeschehen zu beeinflussen, würde man das leichter akzeptieren. Aber der Beitrag des Kulturbereichs wird gegen null gehen, weil er vorher auch nicht zu Infektionen beigetragen hat«, ist Höhne überzeugt. Er ärgert sich, dass die Politik den Sommer »verplempert« hat. In der Zeit hätten technische Maßnahmen wie der Einbau von Viren eliminierenden Klimaanlagen in Bereichen mit viel Publikumsverkehr stattfinden können. Betreiber von Lichtspielhäusern hätten vielfach technisch aufgerüstet, in Schulen und anderen Orten mit sehr hohem Publikumsverkehr sei das nicht geschehen. »Und absurderweise finden nun Gottesdienste in Kinos statt, weil es dort so sicher ist.«
»Die Filmbranche ist ein Organismus. Wenn uns die Einnahmen fehlen, können wir auch keine Verträge für neue Werke schließen. Unsere Lage hat also direkte Auswirkungen für die Filmproduzenten«, sagt Höhne. Der Start von »Rosas Hochzeit« ist nun auf Dezember terminiert. »Das ist der Versuch, ein bisschen wider besseres Wissen optimistisch zu sein. Sonst kommt man gar nicht weiter.«