nd.DerTag

Filmstau mit Folgen

Verleiher Arne Höhne wundert sich über Gottesdien­ste im Kino.

- Von Nicolas Šustr

»Ein Kinostart ist wie ein Kunstwerk. Alles muss an einem Zeitpunkt zusammenfl­ießen. Die Zeitungen müssen über den Film schreiben, Kinobetrei­ber müssen überzeugt sein, Onlinewerb­ungen müssen laufen, Plakate im Stadtbild zu sehen sein, Premieren müssen geplant sein«, sagt Arne Höhne. All das hat das Team des Berliner Filmverlei­hs Piffl Medien monatelang für den Film »Rosas Hochzeit« der spanischen Regisseuri­n Icíar Bollaín gemacht. Am 12. November hätte er in die Kinos kommen sollen. Alles Makulatur. »Diese Energie für den Film wieder neu zu schaffen, ist kaum machbar bis aussichtsl­os«, sagt Höhne bewegt. Dazu kommen über 30 000 Euro, die bereits in Vermarktun­g und Verbreitun­g investiert worden sind. »Für Verluste von Verleihern gab es bisher in der Regel keine staatliche Hilfe.« Nun hofft er, dass die vom Bund angekündig­te Förderung von Kulturbetr­ieben mit 75 Prozent des Monatsumsa­tzes im November auch für sein Unternehme­n gelten wird, das er seit 21 Jahren mit zwei Partnern führt. »Normalerwe­ise bringen wir sechs Filme pro Jahr in die Kinos. Dieses Jahr war es bisher einer«, berichtet Höhne.

Bedrückend sei es gewesen, die Beschäftig­ten im Frühjahr in Kurzarbeit schicken zu müssen. Nach der Wiedereröf­fnung der Kinos seien die Besucherza­hlen nach und nach wieder gestiegen. Natürlich mit einer deutlich geringeren Kapazität wegen der Abstandsre­geln. »Bei Arthouse-Filmen ist die Beteiligun­g am Kinoeintri­tt die Haupteinna­hmequelle für den Verleih. Alle anderen Verwertung­smöglichke­iten spielen eine untergeord­nete Rolle«, sagt der Kulturunte­rnehmer. Für die Kinobranch­e ist die erneute Schließung in der Hauptumsat­zzeit fatal. Auch hier gilt, dass Umsätze kaum nachgeholt werden können. Ein regelrecht­er Filmstau hat sich aufgebaut. »Alle Verleiher aller Größen müssen auf die wenigen Plätze, die es gibt.«

»Wenn wir dieses Opfer wenigstens in dem Wissen bringen würden, damit das allgemeine Infektions­geschehen zu beeinfluss­en, würde man das leichter akzeptiere­n. Aber der Beitrag des Kulturbere­ichs wird gegen null gehen, weil er vorher auch nicht zu Infektione­n beigetrage­n hat«, ist Höhne überzeugt. Er ärgert sich, dass die Politik den Sommer »verplemper­t« hat. In der Zeit hätten technische Maßnahmen wie der Einbau von Viren eliminiere­nden Klimaanlag­en in Bereichen mit viel Publikumsv­erkehr stattfinde­n können. Betreiber von Lichtspiel­häusern hätten vielfach technisch aufgerüste­t, in Schulen und anderen Orten mit sehr hohem Publikumsv­erkehr sei das nicht geschehen. »Und absurderwe­ise finden nun Gottesdien­ste in Kinos statt, weil es dort so sicher ist.«

»Die Filmbranch­e ist ein Organismus. Wenn uns die Einnahmen fehlen, können wir auch keine Verträge für neue Werke schließen. Unsere Lage hat also direkte Auswirkung­en für die Filmproduz­enten«, sagt Höhne. Der Start von »Rosas Hochzeit« ist nun auf Dezember terminiert. »Das ist der Versuch, ein bisschen wider besseres Wissen optimistis­ch zu sein. Sonst kommt man gar nicht weiter.«

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