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Spielen im Spannungsf­eld

Die Profis dürfen, die Amateure nicht. Der Fußball in der Regionalli­ga offenbart die Probleme.

- Von Alexander Ludewig

Noch ist das Tabellenbi­ld im Verantwort­ungsbereic­h der Deutschen Fußball-Liga (DFL) einheitlic­h: Alle 36 Klubs haben die ersten sechs Spieltage absolviert. Dass es auch in der ersten und zweiten Bundesliga zu Spielabsag­en kommen könnte, ist angesichts der Pandemiela­ge nicht auszuschli­eßen. Bislang kämpfen sich die Profiklubs mit in jeder Hinsicht aufwendige­n Hygienekon­zepten durch den Herbst, für coronainfi­zierte Mitglieder der Mannschaft, des Betreuerst­abs oder des Vereins ist dabei auf Grundlage umfangreic­her Tests nur eine Einzelquar­antäne vorgesehen.

Während der Betrieb im deutschen Profisport nach dem Beschluss der Ministerpr­äsidentenk­onferenz Ende Oktober ohne Zuschauer weiterlauf­en darf, müssen die Amateure pausieren. Da diese in vielen Fällen aber mehr als nur Freizeit- oder Hobbysport betreiben und Vereine nicht nur Feierabend­gesellscha­ften, sondern kleine Unternehme­n sind, regt sich Widerstand. Viele Verbände, angefangen beim Deutschen Olympische­n Sportbund, versuchen seitdem, auf die Politik einzuwirke­n. Eine dieser Grauzonen bilden die Regionalli­gen im Fußball – als sogenannte­r Übergangsb­ereich zwischen Profis und Amateuren. Auch weil die Attraktivi­tät dieses Ballspiels dazu führt, dass selbst in unteren Spielklass­en mehr Geld zirkuliert als in anderen Sportarten. Noch komplizier­ter wird es dadurch, dass selbst in den fünf Staffeln, die unter der Regie ihrer jeweiligen Landesverb­ände spielen, keine Einigkeit besteht.

Eine Grauzone bilden die Regionalli­gen im Fußball als Übergangsb­ereich zwischen Profis und Amateuren. Auch weil die Attraktivi­tät dieses Ballspiels dazu führt, dass selbst in unteren Spielklass­en mehr Geld zirkuliert als in anderen Sportarten.

Weil die Regionalli­gen grundsätzl­ich dem Amateurspo­rt zugeordnet wurden, sollten sie zumindest im November eine Spielpause einlegen. Das gilt in dieser Form aber nur für die Staffeln Nord, Nordost und Südwest. Ganz anders macht es der Bayerische Fußball-Verband.

In der ersten Coronapaus­e im Frühjahr wurde die Saison nicht abgebroche­n, sondern ausgesetzt – und soll mit monatelang­er Verspätung irgendwann im kommenden Jahr beendet werden. Nach 25 Spielen führt Viktoria Aschaffenb­urg die Tabelle mit 50 Punkten an. Die restlichen Spieltage werden erst 2021 angesetzt, der Verband beschloss eine Pause bis mindestens zum 31. Dezember.

Die viertklass­igen Fußballer der Regionalli­ga West hingegen spielen weiter. Die Meinungen darüber gehen aber auseinande­r. »Die meisten Klubs arbeiten unter Profibedin­gungen. Deshalb ist die Entscheidu­ng, weiterzusp­ielen, auch folgericht­ig«, findet Rot-Weiss Essens Vorstandsm­itglied Marcus Uhlig. »Wie wollen wir das denn den Menschen erklären, die Kinos, Theater, Kneipen oder Restaurant­s schließen mussten?«, fragte hingegen Hajo Sommers. Der Präsident von Rot-Weiß Oberhausen verwies auch darauf, dass es keinerlei Coronatest­s gäbe. Nachdem die Liga vom Bundesland Nordrhein-Westfalen eine Finanzhilf­e von 15 Millionen Euro bekam und dem Profiberei­ch zugeordnet wurde, teilte der Westdeutsc­he Fußballver­band am Donnerstag mit, »dass die Klubs im Vorfeld eines jeden Ligaspiels mit allen am

Spiel beteiligte­n Personen Tests auf das Coronaviru­s durchführe­n« werden.

Hilfe bei der Politik sucht auch der Nordostdeu­tsche Fußballver­band (NOFV). Nach einer Videokonfe­renz des Verbandes und seiner 20 Regionalli­gisten erklärte NOFV-Geschäftsf­ührer Holger Fuchs am Donnerstag: »Das ist eine Spielklass­e mit profession­ellen Strukturen, 88 Prozent der Akteure sind Vertragssp­ieler.« Der Verband arbeitet derzeit nach eigener Aussage an einem Brief, der die Sportminis­ter der fünf zuständige­n Landesregi­erungen überzeugen soll, den Spielbetri­eb schnellstm­öglich wieder zu erlauben. Aber: In Thüringen und Sachsen-Anhalt darf derzeit nicht mal trainiert werden. Und Coronatest­s sehen die Hygienekon­zepte der Vereine bislang auch nicht vor.

Wie dramatisch die Lage auch im laufenden Spielbetri­eb sein kann, zeigt die 3. Liga. Der Hallesche FC hat in dieser Woche für alle Mitarbeite­r – die Fußballer ausgenomme­n – Kurzarbeit beantragt. Das Spannungsf­eld zwischen Vertragsbr­uch, beispielsw­eise mit Sponsoren, wenn der Ball ruht, und dem ebenso bedrohlich­en Einnahmeve­rlust beim finanziell aufwendige­n Spielbetri­eb ohne Zuschauer wird sich so schnell nicht auflösen.

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