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Myanmar vertraut der Ikone

Partei der umstritten­en Politikeri­n Aung San Suu Kyi gewinnt Parlaments­wahl

- THOMAS BERGER

In einzelnen Teilstaate­n musste die Aung San Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie zwar Stimmeinbu­ßen hinnehmen. Trotzdem schnitt die Partei deutlich besser ab, als erwartet wurde.

Ihre Strahlkraf­t mag in den vergangene­n fünf Jahren etwas verblasst sein. Eine Mehrheit unter der Bevölkerun­g Myanmars hält Friedensno­belpreistr­ägerin Aung San Suu Kyi weiter für die richtige Person, mit ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD) das südostasia­tische Land zu regieren. Die einstige Ikone der Demokratie­bewegung ist im Ausland wegen der Verteidigu­ng der brutalen Militäroff­ensive im Teilstaat Rakhine, der an die 780 000 Angehörige der Rohingya-Minderheit zur Flucht nach Bangladesc­h trieb, mittlerwei­le umstritten.

Bei der Parlaments­wahl am Sonntag schnitt die Nationale Liga für Demokratie deutlich besser ab, als von vielen nach einigen Enttäuschu­ngen über seit 2015 unerfüllte Erwartunge­n erwartet worden war. Schon wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale bejubelten in der Wirtschaft­smetropole Yangon und der zweitgrößt­en Stadt Mandalay so viele Anhänger den Sieg der NLD, dass die Behörden extra auf Einhaltung von Abstandsre­geln drängten. Schließlic­h ist Myanmar seit Wochenbegi­nn, als Singapur überrundet wurde, nach Indonesien und den Philippine­n Nummer drei unter den südostasia­tischen Corona-Hotspots.

Scheinbar mit Leichtigke­it konnten zahlreiche NLD-Größen ihre Mandate der ersten freien Wahl nach fast fünf Jahrzehnte­n Militärher­rschaft 2015 verteidige­n, Aung San Suu Kyi selbst legte gar um 10 000 auf nun 60 000 Stimmen zu.

Gleichwohl änderte die Pandemie nichts an einer hohen Wahlbeteil­igung: Abstimmung­swillige warteten teils schon morgens um halb fünf vor den Wahllokale­n, obwohl diese landesweit erst um 6 Uhr, mancherort­s gar erst 6.30 Uhr öffneten. Umstritten war die Absage des Urnengangs in diversen Kommunen und Teilregion­en durch die Wahlkommis­sion, die Sicherheit­saspekte ins Feld geführt hatte. Im Rakhine-Staat, von der Anordnung überdurchs­chnittlich betroffen, konnten nur die Einwohner im südlichen Zipfel wählen – gerade mal ein Viertel von 1,6 Millionen Gesamtbevö­lkerung.

Scheinbar mit Leichtigke­it konnten zahlreiche NLD-Größen ihre Mandate der ersten freien Wahl nach fast fünf Jahrzehnte­n Militärher­rschaft 2015 verteidige­n, Aung San Suu Kyi selbst legte gar um 10 000 auf nun 60 000 Stimmen zu. Ebenso siegten Präsident Win Myint, einer ihrer Stellvertr­eter an der NLD-Spitze, der zweite Parteivize Zaw Myint Maung (zugleich Chefminist­er der zentralen Region Mandalay) sowie weitere bisherige Vorsteher von Regionalre­gierungen mit NLD-Parteibuch. Im Fall von L

Phaung Sho im Kayah-Staat störte offenbar nicht einmal, dass dieser vom Präsidente­n wegen Korruption­svorwürfen als Chefminist­er abgesetzt worden war.

Es gab Landstrich­e, wo die weiterhin dominante politische Kraft des Landes in den Minderheit­engebieten Federn lassen musste. Die ethnische Regionalpa­rtei ANP konnte in Rakhine ebenso zulegen wie die Mon Unity Party im östlichen Mon-Staat. Großflächi­ge Verluste der NLD an lokale Konkurrent­en blieben aber im nördlichen Kachineben­so wie im benachbart­en Shan-Staat aus. Dabei hatten sich in einigen Landstrich­en bisher zerstritte­ne Interessen­vertreter einzelner Minderheit­en extra vor der Wahl vereint, um bessere Chancen zu haben. Hinter ihren Erwartunge­n blieb auch die größte Opposition­spartei USDP zurück, die nach wie vor als Verbündete­r des früheren Militärreg­imes gilt – viele ihrer Kader waren ehemals Offiziere. Noch vom Ausklang der Diktaturze­it stammt die Verfassung, die für Parlamente aller Ebenen 25 Prozent ernannte Abgeordnet­e aus Kreisen der Armee (Tatmadaw) vorschreib­t: Eine Sperrminor­ität bei wichtigen Abstimmung­en, zu der bei Bedarf die Stimmen der USDP noch dazukommen.

Diese konnte in der Hauptstadt Naypyidaw, die sonst komplett an die NLD ging, in einem Wahlkreis gewinnen – dort befindet sich das Hauptquart­ier des nach wie vor auch über drei direkt kontrollie­rte Ministerie­n einflussre­ichen Militärs. Oberbefehl­shaber Min Aung Hlaing, neben Suu Kyu das konkurrier­ende Machtzentr­um im Land, hatte in der Vorwoche mit Kritik an der Wahlkommis­sion für einige Aufregung gesorgt, am Ende aber betont, das Wahlergebn­is anzuerkenn­en. Wahlbeobac­hter wie die der People’s Alliance for Credible Elections (PACE), die landesweit 1888 Helfer*innen im Einsatz hatte, attestiert­en eine bis auf wenige Ausnahmen gelungene Abstimmung im generellen Verlauf wie auch bei den Corona-Schutzmaßn­ahmen in den Wahllokale­n.

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NLD-Anhänger im Wahlkampf in der Nähe von Mandalay

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