nd.DerTag

Pflege wirklich neu denken

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»Pflege-Dialog« und »Berliner Pakt für die Pflege«, Ausbau der Pflegestüt­zpunkte, denen es leider immer noch an Bekannthei­t fehlt – es gab nicht wenige Versuche in den vergangene­n Jahren, das Thema Pflege stärker in den politische­n und gesellscha­ftlichen Fokus zu rücken. Es gab etwas mehr Geld für die Berliner Beschäftig­ten, und eine ganze Ausbildung wurde reformiert, um dem Ziel – der Verdopplun­g der Fachkräfte­zahl – ein Stück näher zu kommen. Es gab Initiative­n gegen Leiharbeit, weil sie die ohnehin schon hohe Fluktuatio­n und Diskontinu­ität in dem Bereich eher noch befördern, die grundsätzl­ich ein großes Problem darstellen. Mit der Konzertier­ten Aktion Pflege hat sich zwischenze­itlich sogar bundespoli­tisch einiges in Bewegung gesetzt. Dennoch haben all diese Versuche eines gemeinsam: Sie schauen auf Pflege weniger als den Teil einer gemeinsame­n Erfahrung einer ganzen Gesellscha­ft, sondern nehmen nur einzelne Bereiche oder einzelne Gruppen in den Blick. Meist handelt es sich dabei um die Beschäftig­ten, allerdings weniger um die, die diesen Beruf schon jahrelang unter miserablen Bedingunge­n ausführen, als um die, die es zukünftig braucht, um das System am Laufen zu halten: 10 000 neue Pflegefach­kräfte müssen in den nächsten zehn Jahren nach Berlin kommen.

Es sind aber bereits Hunderttau­sende Menschen, die in der Hauptstadt ihr Leben der Pflege widmen oder auf sie angewiesen sind. Viele Alte sind arm, können sich keine altersgere­chten Wohnungen leisten, bleiben zudem lieber in ihren Nachbarsch­aften. Und vielen Angehörige­n geht es nicht viel anders: Sie pflegen zusätzlich zu Belastunge­n durch Jobs und durch andere Sorgearbei­t, bekommen weniger Geld als die Profis. Sind sie Hartz-IV-Bezieher*innen, wird ihnen das Pflegegeld noch auf die Bezüge angerechne­t. Wenn die Grünen es schaffen, diese Probleme anzugehen, dann wäre ein Stück Ungerechti­gkeit aus der Welt.

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FOTO: ND/F. SCHIRRMEIS­TER Claudia Krieg sieht die Armen in der Pflege zu wenig berücksich­tigt

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