nd.DerTag

Die Mär von der bürgerlich­en Mitte

-

Die Reaktionen der bürgerlich­en Parteien auf die Demonstrat­ionen gegen die Corona-Auflagen bewegen sich noch immer allzu oft im Bereich der Verharmlos­ung. Nur eine Woche nachdem Zehntausen­de Menschen in Leipzig Seite an Seite mit gewaltbere­iten Hooligans und Neonazis demonstrie­rten und es zu gewalttäti­gen Ausschreit­ungen gegen Journalist*innen, Gegendemon­strant*innen und Polizist*innen kam, warnt die CDU im Berliner Abgeordnet­enhaus davor, die Demonstran­t*innen in die rechte Ecke zu stellen. Dabei ist offensicht­lich, dass sie dort nicht hingestell­t werden, sie gesellen sich von selbst zu den rechtsextr­emen Menschenfe­inden und zwar ganz offen und ohne Scheu.

Das so zu benennen und zu problemati­sieren, untergräbt allerdings die Mär von der »bürgerlich­en Mitte« , die im Gegensatz zu den Extremist*innen links und rechts von ihr noch liberale Werte teilt. Diese Aufteilung war jedoch schon immer Unsinn. Weder lassen sich Links und Rechts einfach gleichsetz­en noch ist die Mitte in irgendeine­r Form neutral. Der Schultersc­hluss aus »normalen Bürger*innen« und militanten Neonazis zeigt eindrückli­ch, wie weit die vermeintli­che Mitte mittlerwei­le nach rechts gerückt ist. Das zu verharmlos­en, verstärkt das Problem nur, statt es zu lösen.

Doch statt solchen menschenve­rachtenden Ideologien den Nährboden zu entziehen, wird Antifaschi­smus zunehmend kriminalis­iert. Dabei ist er in Zeiten wie diesen wichtiger denn je. Wer die Augen vor rechtsextr­emen Tendenzen in der Polizei und in der Justiz verschließ­t, muss sich nicht wundern, wenn diese die Neonazis ungehinder­t gewähren lassen. Und diese eines Tages vor den Toren des Reichtags nicht mehr Halt machen.

 ?? FOTO: ND/ULLI WINKLER ?? Marie Frank über die Verharmlos­ung der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen
FOTO: ND/ULLI WINKLER Marie Frank über die Verharmlos­ung der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen

Newspapers in German

Newspapers from Germany