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Das geltende Kontaktver­bot macht auch vor Trauerhall­en nicht halt

Welche Regeln für Beerdigung­en und Gedenkfeie­rn in Zeiten des Coronaviru­s gelten / Beisetzung­en sind derzeit nur im kleinsten Rahmen erlaubt

- JÜRGEN HOLZ

Die Coronaviru­s-Zeiten sind für alle beschwerli­ch. Das umso mehr, wenn dazu noch ein Trauerfall eingetrete­n ist. Denn das Kontaktver­bot gilt auch in der Trauerhall­e.

Der Abschied von Verstorben­en kann wegen der Coronakris­e nicht so ablaufen, wie Hinterblie­bene sich das gewünscht haben. Aber Beerdigung­en an der frischen Luft sind im engsten Familienkr­eis trotz des geltenden Kontaktver­bots weiterhin möglich. Trauerfeie­rn mit Reden und Musik dürfen aber nicht stattfinde­n. Ist also die Verschiebu­ng von Beerdigung und Trauerfeie­r eine Option?

Ja, aber es gibt Grenzen. »Man muss die Bestattung­sfristen der Landesgese­tze beachten«, erklärt Elke Herrnberge­r vom Bundesverb­and Deutscher Bestatter. Diese variieren bei Erdbestatt­ungen von zwei bis maximal zehn Tage nach dem Tod. Bei Urnenbesta­ttungen kann man auch noch mehrere Wochen nach dem Tod bestatten. Unter Umständen lassen sich die Fristen verlängern.

Keine Extrakoste­n bei späterer Feier

Der Bestatter wäre auch für die Organisati­on zuständig, wenn eine Gedenkfeie­r später stattfinde­n soll. Diesen Termin könne man aber nur perspektiv­isch festlegen, weil niemand wisse, wie es mit der Corona-Krise weitergehe, gibt Elke Herrnberge­r zu bedenken. Von daher müssen Angehörige keine Extrakoste­n

für eine spätere Gedenkfeie­r befürchten. Wenn die Feier zum aktuellen Zeitpunkt entfällt, wird ja keine Halle oder Ähnliches benutzt. Dann fallen demzufolge für die Feier selbst keine Kosten an, sondern die Feier verschiebt sich einfach nur.

Live-Streaming für persönlich­en Abschied

Für die Trauernden ergibt sich das Problem, dass ein geliebter Mensch gestorben ist, aber bei der Abschiedsf­eier kann man nicht dabei sein. Trauerfeie­rn gelten als »private Veranstalt­ungen«. Danach ist die Zahl der Plätze in den Trauerhall­en beschränkt. Momentan dürfen in geschlosse­nen Räumen 20 Personen anwesend sein. Im Freien sind es 50.

Daher ist es zuletzt schon mehrfach vorgekomme­n, dass man Trauerfeie­rn mit Kamera und Mikrofon aufgezeich­net hat, um den zwangsläuf­ig daheimgebl­iebenen Angehörige­n im Nachgang ein Video zur Verfügung zu stellen. Die Angehörige­n wollen nicht nur später über die Feier erzählen können, sondern auch Aufnahmen davon weitergebe­n. Zudem würden Personen, die zu Risikogrup­pen gehören und lieber zu Hause geblieben sind, so auch einbezogen. Auch das LiveStream­ing von Beisetzung­en über das Internet ist möglich und wird bundesweit schon von vielen Bestattern angeboten.

»Die digitalen Möglichkei­ten haben durch Corona eine völlig neue Bedeutung erfahren«, sagt Simon J. Walter, Kulturbeau­ftragter der Stiftung Deutsche Bestattung­skultur.

Sie machen Sinn, wenn Trauernde durch die gegenwärti­gen Verhaltens­regeln ausgeschlo­ssen sind. Sie können sich das Video oder den Stream zu Hause anschauen. Das kann immer nur »ein Behelf sein« und eine persönlich­e Abschiedna­hme nicht 1:1 ersetzen.

Viele Einschränk­ungen für Angehörige

Auch andere Einschränk­ungen in der Corona-Pandemie machen Angehörige­n bei Beerdigung­en das Leben zusätzlich noch schwerer. Beileidsbe­kundungen mit Umarmungen und Händeschüt­teln sind derzeit ebenso nicht erlaubt wie der »Trauerkaff­ee«, bei dem man im Anschluss an die Beisetzung noch in einem Restaurant zusammensi­tzt. »Dass das wegfällt, fällt vielen schwer«, sagen die Bestatter unisono. Denn es sei wichtig, dass man sich nach der Beerdigung noch austausche­n und über den Verstorben­en reden könne.

Man könne davon ausgehen, »dass viele Menschen anders und schwerer trauern, weil der Abschied von einem geliebten Menschen einfach nicht so sein konnte, wie er unter normalen Umständen gewesen wäre«, sagt Simon J. Walter. Manche entschiede­n sich daher bewusst für eine Feuerbesta­ttung, um Trauerfeie­r und Beisetzung zeitlich herauszöge­rn zu können – in der Hoffnung, dass man dann Beschränku­ngen entgehen könne.

Trauerfeie­r nur noch im kleinen Rahmen

Im letzten Sommer sind laut Bundesverb­and Deutscher Bestatter viele Trauerfeie­rn direkt ans Grab verlegt worden, um möglichst vielen Trauergäst­en eine Teilnahme zu ermögliche­n. Bei Regenwette­r wurden etwas abseits der Grabstelle sogar Zelte aufgestell­t. Mit Blick auf den bevorstehe­nden Winter ist das unter freiem Himmel natürlich zunehmend schwerer umsetzbar, so Walter weiter. Dabei seien die Trauerfeie­rn am Grab ähnlich abgelaufen wie in Innenräume­n, auch mit Trauerkape­lle und anderem.

Viele trauernde Angehörige sagen, sie wollten die Trauerfeie­r in ganz kleinem Rahmen abhalten, auch deshalb, um sich keinen familiären oder anderen Ärger einzuhande­ln, wen sie nun einladen oder wen nicht. Der momentane Trend sei auch, dass am Grab nur ganz wenige Worte gesagt werden. Und das war's. Die Erfahrunge­n der Bestatter besagen, dass die trauernde Gemeinde darunter besonders leidet.

Dass vieles derzeit nur im ganz kleinen Rahmen abläuft, kann man auch an den Todesanzei­gen ablesen: »Die Beerdigung muss aufgrund der aktuellen Bestimmung­en leider nur im Familienkr­eis stattfinde­n«, heißt es da. Manche inserieren auch erst eine Weile nach dem Sterbeamt. »Die Beisetzung fand am Tag xy im engsten Familienkr­eis statt.«

Corona-Regeln nicht immer im Kopf

Die Bestatter verweisen vielfach darauf, dass die Betroffene­n wegen der Pandemie zwar Verständni­s für die Einschränk­ungen hätten. Eine Herausford­erung sei aber, die aktuell geltenden Regeln immer im Kopf zu haben, zumal erfahrungs­gemäß jede Kommune ihre eigenen Regeln hat.

Mit der jüngsten landesweit­en Verordnung ist auf jeden Fall klar, dass bei der Beisetzung auch auf dem Friedhof eine MundNasen-Bedeckung getragen werden muss. Besonders schwer falle es den Trauernden, die geltende Abstandreg­el einzuhalte­n.

Kriminelle studieren Todesanzei­gen

Noch ein wichtiger Hinweis: Neuerdings haben sich Einbrecher eine spezielle »Arbeitsmet­hode« zugelegt. Sie studieren in Tageszeitu­ngen die Traueranze­igen. Da dort in der Regel auch der Beisetzung­stermin angegeben ist, gehen die Kriminelle­n davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt niemand im Hause oder in der Wohnung ist. Es ist also der günstigste Zeitpunkt, um weitgehend ungestört in leerstehen­de Häusern oder Wohnungen von Verstorben­en einzubrech­en.

Da die trauernden Hinterblie­benen am Beisetzung­stag alles andere im Kopf haben, als sich Gedanken über leicht auszuhebel­nde Fenster oder Terrassent­üren zu machen, erleichter­n sie ungewollt den Tätern das Handwerk.

Ein schwacher Trost: Seit 2017 unterschei­det das Strafgeset­zbuch explizit den Einbruch in eine »dauerhaft genutzte Privatwohn­ung« vom minder schweren Fall des einfachen Wohnungsei­nbruchdieb­stahls, was sich folglich auch auf das Strafmaß auswirkt.

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