nd.DerTag

Kinderschu­tz stärken

Nichtregie­rungsorgan­isationen warnen vor den Auswirkung­en von Gewalt an Kindern

- KOFI SHAKUR

Am Europäisch­en Tag gegen Kindesmiss­brauch fällt die Bilanz schlecht aus: Die Pandemie verschärft das Problem global.

Die Pandemie hat das Risiko von Kindern erhöht, Opfer von sexuellem Missbrauch und Gewalt zu werden.

Die Coronapand­emie habe Millionen von Menschen in Situatione­n erhöhter Verletzlic­hkeit gebracht. Damit hänge »ein stark erhöhtes Risiko von Arbeits- und Menschenre­chtsverlet­zungen« zusammen, das »besonders die Verletzlic­hsten« treffe, erklärte Generaldir­ektor Guy Ryder von der Internatio­nalen Arbeitsorg­anisation (ILO) zur Eröffnung des jährlichen Forums Wirtschaft und Menschenre­chte am Montag. »Wir sehen zum Beispiel Berichte über den signifikan­ten Anstieg von Kinderarbe­it.«

2017 machten Kinder nach Angaben der ILO ein Viertel der von moderner Sklaverei, ein Fünftel der von sexueller Ausbeutung, sowie mehr als ein Drittel der von Zwangsheir­at Betroffene­n aus. Zudem seien von den 152 Millionen von Kinderarbe­it Betroffene­n mehr als die Hälfte »gefährlich­en« Arbeitsbed­ingungen und 17,2 Millionen in fremden Haushalten »versteckte­r Ausbeutung« unter dem Risiko körperlich­en oder seelischen Missbrauch­s ausgesetzt.

Humanitäre und Kinderrech­tsorganisa­tionen warnen außerdem vor den Folgen der Pandemie für die Opfer von Menschenha­ndel, von denen ein Viertel Kinder sind. Der Bedarf an Kinderporn­ografie sei gestiegen. »Leider konnten die Menschenhä­ndler schnell auf andere Formen sexueller Ausbeutung ausweichen und die Opfer so noch mehr isolieren«, berichtete Raffaela Milano, Direktorin von Save the Children in Italien, bei der Vorstellun­g einer Studie mit dem Titel »Kleine unsichtbar­e Sklaven 2020«. Ein Großteil der in diesem Fall Betroffene­n seien nigerianis­che Mädchen. Die Opfer seien nun höherem Druck und Gewalt ausgesetzt und oft nicht gegen eine mögliche Übertragun­g des Coronaviru­s geschützt oder bekämen falsche Informatio­nen über den Gebrauch von Schutzmask­en. Eintausend neue Opfer von Menschenha­ndel hätten im ersten Halbjahr in Italien identifizi­ert werden können.

Auch in asiatische­n Ländern berichtet die NGO von einem Anstieg der Gewalt und verringert­en Möglichkei­ten der Opfer, sich zu wehren oder der Situation zu entkommen. Millionen von Mädchen seien besonders während der Lockdowns Gewalt ausgesetzt und die Pandemie habe sowohl online wie offline sexuelle Ausbeutung verstärkt. Die für viele Familien vergrößert­e finanziell­e Not würde dazu führen, Mädchen eher Zwangsheir­aten aussetzen.

Auch auf dem afrikanisc­hen Kontinent sind die Auswirkung­en der Pandemie deutlich. In der Sahelregio­n sollen etwa zwölf Millionen Kinder durch die Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens vier Monate Unterricht verpasst haben. Einige fielen in der Zeit verstärkt sexueller Ausbeutung zum Opfer, während sich fast zweihunder­t Jungen unter unklaren Umständen bewaffnete­n Gruppen in Mali angeschlos­sen haben sollen. Darüber hinaus sind auch geflüchtet­e Kinder oder solche in Gebieten, in denen schon vorher bewaffnete Konflikte herrschten, besonders von solchen Risiken betroffen.

Insgesamt leben bis zu 1,8 Milliarden Kinder weltweit in Regionen, in denen die Pandemie Möglichkei­ten zur Prävention oder Bekämpfung von Kindesmiss­brauch eingeschrä­nkt hat. Dazu kommt es insgesamt auch zu einer Einschränk­ung der Gesundheit­sversorgun­g für viele Kinder. Die Chancen für ihr späteres Leben könnten von den Folgen von Gewalt und den Auswirkung­en der Pandemie zunehmend bedroht werden, warnt die NGO Save the Children.

In einer Mitteilung der Europäisch­en Kommission heißt es hinsichtli­ch der Verbesseru­ng des Schutzes von Kindern vor sexueller Ausbeutung, dass es »eines Netzes bedarf, um ein Netz zu zerschlage­n«. Weltweit soll dabei die Kooperatio­n von Sicherheit­sbehörden verstärkt werden, um über Grenzen hinweg die Täter zu verfolgen und so ihren physischen und digitalen Spielraum einzugrenz­en.

Laut dem UN-Kinderhilf­swerk Unicef erfahren jährlich mehr als eine Milliarde Kinder Gewalt durch Eltern, Erziehende, in Beziehunge­n oder durch Fremde.

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