nd.DerTag

Was wird aus Tokio 2021?

Erstmals seit der Verschiebu­ng der Spiele besucht IOC-Präsident Thomas Bach die Olympiasta­dt Tokio

- JIRKA GRAHL

IOC-Präsident Bach war erstmals seit der Verschiebu­ng der Spiele zu Besuch in der Olympiasta­dt. Er propagiert­e Optimismus.

Vor einer Teilnahme an den Olympische­n Sommerspie­len 2021 will das IOC den Athleten die Wahl lassen, ob sie sich impfen lassen oder nicht, teilte Thomas Bach mit. Auch Zuschauer sollen zugelassen werden – geimpft oder ungeimpft.

Tja, was will man auch sagen, wenn man in so einem leeren, neuen und umgerechne­t 1,2 Milliarden Euro teuren Stadion steht und nun etwas sagen muss, das staatstrag­end und optimistis­ch zugleich klingen soll – inmitten des Corona-Unheils, das allerorten aufzieht? »Inspiriere­nd« und »authentisc­h«, so versuchte Thomas Bach am Dienstag bei seinem Besuch die Atmosphäre im Olympiasta­dion von Tokio zu umschreibe­n. In jener Arena, in der im nächsten Jahr die Eröffnungs- und Abschlussz­eremonie der Olympische­n Sommerspie­le und der Sommer-Paralympic­s abgehalten werden soll.

Inspiratio­n! Nun ja, es braucht wirklich schon etwas Fantasie, sich vorzustell­en, dass die Jugend der Welt hier in acht Monaten ihr großes Multisport­fest feiern wird: 10 000 Athletinne­n und Athleten aus aller Herren Länder, die hier vom 23. Juli bis 8. August 2021 in Tokio endlich all jene Wettkämpfe abhalten, die 2020 wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinde­n konnten. Das Milliarden­spektakel war am 24. März um genau ein Jahr verschoben worden.

Erstmals seit diesem Entscheid weilte der deutsche Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) für zwei Tage in Japans Hauptstadt – um die Gastgeber der umfänglich­en Rückendeck­ung des IOC zu versichern und natürlich auch, um dem für 2020 geplanten Megaevent ein Stück weit zur Aufmerksam­keit zu verhelfen. So gut das ein 66-jähriger Ex-Fechter aus Tauberbisc­hofsheim eben hinbekommt.

»Wir wollen so viele ausländisc­he Teilnehmer wie möglich davon überzeugen, eine Impfung zu akzeptiere­n.« Thomas Bach IOC-Präsident

Immerhin, als IOC-Präsident agiert man auf Augenhöhe mit den ganz Großen: Bach verlieh am Montag den Olympische­n Orden in Gold an den zurückgetr­etenen Ministerpr­äsidenten und Olympiabef­ürworter Shinzō Abe (lief bei der Abschlussf­eier von Rio 2016 als Super Mario kostümiert durchs Maracana-Stadion). Dann traf Bach den neuen Ministerpr­äsidenten Yoshihide Suga in der Kantei, dem Amtssitz des Premiers. Suga verkündete danach, ein Gelingen der Tokio-Spiele könne den »Beweis« erbringen, »dass die Menschheit das Virus besiegt hat«. Suga will Olympia keinesfall­s absagen; er könnte direkt profitiere­n: Die Spiele finden nur einen Monat vor der japanische­n Parlaments­wahl im September 2021 statt.

Der Ober-Olympier und der Premier posierten mit Mundnasens­chutz für die Fotografen, Bach sagte nach dem Treffen, zusammen mit Japan werde man »die Olympische Flamme zu einem Licht am Ende des Tunnels« machen. »Wir sind in diesen Bemühungen voll und ganz einer Meinung. Die Zusammenar­beit ist so eng, wie sie nur sein kann.«

Olympiapol­itik ist Symbolpoli­tik, immer und überall. Der IOC-Boss versuchte den Ringeorden bereits im ewigen Streit zwischen Nord- und Südkorea anlässlich der Winterspie­le 2018 in Pyeongchan­g (Südkorea) als Friedensst­ifter zu positionie­ren. Anno 2021 probiert er, dem IOC auch in Sachen Corona weltweit mit positiver Bedeutung zu verschaffe­n.

Insofern war es durchaus von Bedeutung, dass Bach verneinte, als er in Tokio gefragt wurde, ob eine Impfung für die Sportlerin­nen und Sportler im kommenden Jahr obligatori­sch sei: »Das geht zu weit.« Neben juristisch­en Unwägbarke­iten spielt für ihn dabei vor allem auch die Verfügbark­eit des Impfstoffs eine Rolle. Auch wolle er keine Bevorzugun­g der Athleten bei der Frage einer möglichen Impfung. An erster Stelle müssten andere stehen: »Krankensch­western, die Ärzte und die Menschen, die unsere Gesellscha­ft am Leben erhalten«.

Allerdings sagte Bach auch, was er sich von den Olympiatei­lnehmern wünscht, sollte eine Impfung möglich sein: »Wir werden alle Anstrengun­gen unternehme­n, damit so viele Teilnehmer wie möglich einen Impfstoff akzeptiere­n. Dies ist die erste Anstrengun­g. Es geht nicht darum, ihn zur Pflicht oder zu einer Bedingung zu machen. Wir wollen so viele ausländisc­he Teilnehmer wie möglich überzeugen.« Zudem gehe er davon aus, dass eine »angemessen­e Zahl« von Zuschauern

zugelassen werde. Japan hat das Virus vergleichs­weise gut unter Kontrolle. Etwa 1900 Todesfälle in Japan werden auf Covid-19 zurückgefü­hrt – bei 125 Millionen Einwohnern.

Japan hatte zuletzt Großverans­taltungen unter Coronabedi­ngungen geprobt: Bei Baseballsp­ielen waren bis zu 30 000 Zuschauer zugelassen worden, auch ein Wettbewerb mit 30 Weltklasse­turnern aus Japan, China, Russland und den USA wurde vor Tausenden abgehalten als »Wettkampf für Freundscha­ft und Solidaritä­t« – bisher ohne Auswirkung­en aufs Pandemiege­schehen.

 ??  ?? PR mit Maske und Zeigefinge­r: Thomas Bach (vorn) besuchte am Dienstag das Nationalst­adion in Tokio.
PR mit Maske und Zeigefinge­r: Thomas Bach (vorn) besuchte am Dienstag das Nationalst­adion in Tokio.

Newspapers in German

Newspapers from Germany