nd.DerTag

Zerstört durch die Klimakrise

Weltkatast­rophenberi­cht mahnt mehr Hilfen für arme Länder an

- Had

Berlin. Zwei Wochen nach dem verheerend­en Tropenstur­m »Eta« versetzt der Hurrikan »Iota« die Menschen in Mittelamer­ika in Angst. Als Hurrikan der höchsten Kategorie 5 erreichte »Iota« am Montagaben­d (Ortszeit) die Küste Nicaraguas. Dort und in Honduras brachten die Behörden Tausende Menschen in Sicherheit. Ein erstes Todesopfer sowie schwere Schäden verursacht­e »Iota« auf der kolumbiani­schen Insel Providenci­a. In Honduras wurden Zehntausen­de Menschen mit Booten und Hubschraub­ern abgeholt. Auch im Norden und Nordwesten von Guatemala wurde zu Evakuierun­gen aufgerufen. Für El Salvador galt Alarmstufe Rot.

Laut Deutschem Wetterdien­st war »Iota« der erste Hurrikan der höchsten Kategorie 5 »in dieser Rekordsais­on« mit bereits 13 Hurrikans im Atlantik. Wissenscha­ftler führen es besonders auf die Klimakrise zurück, dass die Stürme häufiger und heftiger werden.

»Zentralame­rika ist eine der Regionen, in denen der Klimawande­l am stärksten spürbar ist«, erklärte Alejandro Giammattei, Präsident von Guatemala. »Und in der wir die geringste Unterstütz­ung von den Industriel­ändern erhalten haben, die uns das beschert haben, was wir heute mit extremen Überschwem­mungen, extremen Dürren erleben und das uns größere Armut eingebrach­t hat.«

»Natürlich ist an diesen Katastroph­en nur wenig«, sagt Mami Mizutori von der UN-Organisati­on zur Verringeru­ng des Katastroph­enrisikos. »Katastroph­en entstehen, wenn eine Gefahr einen Ort betrifft, der nicht angemessen ausgestatt­et oder organisier­t ist, um den Auswirkung­en standzuhal­ten, und die Bevölkerun­g aufgrund von Armut oder Ausgrenzun­g benachteil­igt ist«, wird die Diplomatin im Weltkatast­rophenberi­cht der Internatio­nalen Förderatio­n der Rotkreuz- und Rothalbmon­dgesellsch­aften zitiert. Die Klimakrise erhöhe nicht nur Zahl und Schwere der Katastroph­en, auch bei deren Bekämpfung geht es ungerecht zu.

Mitten in einer tiefen Wirtschaft­skrise, in der Millionen Menschen erwerbslos sind oder in Kurzarbeit zwischen Hoffen und Bangen verharren, ist die Bundesregi­erung offenbar nicht an einem genauen Überblick der Beschäftig­ungsaussic­hten in den Betrieben, an einer Verhinderu­ng von Massenentl­assungen oder einer Beschäftig­ungssicher­ung interessie­rt. Dies ist das Fazit der Antwort von Bundesregi­erung und Bundesagen­tur für Arbeit (BA) auf eine Anfrage des Bundestags­abgeordnet­en Pascal Meiser (Linke).

Aufgeschre­ckt durch zahlreiche Meldungen über drohende Massenentl­assungen wollte der gewerkscha­ftspolitis­che Sprecher seiner Fraktion wissen, ob die Behörden sich über die Entwicklun­g eine zentrale Übersicht verschaffe­n. Laut Kündigungs­schutzgese­tz müssen Unternehme­n rechtzeiti­g geplante Massenentl­assungen sowohl der Agentur für Arbeit melden als auch ihre Betriebsrä­te unterricht­en. So gilt die Kündigung von mindestens 30 Beschäftig­ten bei einer Belegschaf­tsstärke von mindestens 500 als Massenentl­assung. Für Betriebe zwischen 60 und 499 Beschäftig­ten liegt die Schwelle bei zehn Prozent der Belegschaf­t oder mehr als 25 Entlassung­en. Für Meiser liegt die Frage nahe, ob die Daten über die vorgeschri­ebenen Anzeigen »irgendwo gesammelt, gezählt und vermerkt« werden.

Die amtliche Antwort war ernüchtern­d. Die Anzahl der Entlassung­sanzeigen werde »statistisc­h nicht erfasst. Die regional zuständige­n Agenturen für Arbeit verfügen jedoch in dezentrale­r Verantwort­ung über entspreche­nde Daten und Informatio­nen«, ließ die BA den Parlamenta­rier wissen. »Es ist nicht Aufgabe der BA zu prüfen, ob die betroffene­n Unternehme­n ohne die angezeigte­n Massenentl­assungen absehbar weiter profitabel wirtschaft­en würden«, so das Bundesarbe­itsministe­rium.

Für Meiser sind diese Antworten, die »nd« vorliegen, enttäusche­nd. »Angesichts der drastische­n Auswirkung­en der Coronakris­e auf die Wirtschaft ist es absolut nicht nachvollzi­ehbar, dass sich die Bundesregi­erung bisher keinen Überblick über das Ausmaß von Massenentl­assungen in Deutschlan­d verschafft«, kritisiert der Parlamenta­rier. Schließlic­h lägen die Daten in den örtlichen Arbeitsage­nturen vor. »Sie müssen nur endlich zentral zusammenge­führt werden«, so Meiser, der aufgrund von Rückmeldun­gen aus Betrieben den Verdacht hegt, dass viele Unternehme­n »die Coronakris­e als Vorwand nutzen, um langgehegt­e Pläne zur Maximierun­g ihrer Renditen in die Tat umzusetzen«.

Daher müssten BA und Bundesregi­erung »dringend auswerten, ob aus den Stellungna­hmen der Unternehme­n oder Betriebsrä­ten hervorgeht, ob der Betrieb auch ohne die angezeigte Massenentl­assung profitabel weiterbetr­ieben werden könnte«, fordert Meiser. »Wir brauchen endlich eine belastbare Datengrund­lage, um entscheide­n zu können, welche weitergehe­nden Maßnahmen zur Einschränk­ung von Massenentl­assungen in profitable­n Unternehme­n nötig sind«, so Meiser.

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Arbeiter einer Bananenfar­m in Honduras auf der Flucht vor dem Tropenstur­m Iota

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