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Deutschlan­d soll »weltpoliti­kfähig« werden

Annegret Kramp-Karrenbaue­r wirbt für einen verteidigu­ngspolitis­chen New Deal Europas mit den USA

- DANIEL LÜCKING

In einer Rede vor Bundeswehr­studenten hat Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r für einen neuen Kurs geworben, der nach dem Wechsel im Weißen Haus mit den USA anstehe.

»Wir erleben einen Augenblick von großer Tragweite«, leitete Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) ihre Grundsatzr­ede zur deutschen und europäisch­en Verteidigu­ngspolitik ein. Vor Offizier*innen der Bundeswehr­universitä­t Hamburg erläuterte die Verteidigu­ngsministe­rin am Dienstag in Berlin ihre Vorstellun­gen über die neue strategisc­he Ausrichtun­g der Armee, die insbesonde­re nach dem Austritt Großbritan­niens aus der EU und der Amtseinfüh­rung des neu gewählten US-Präsidente­n Joe Biden nötig sei.

Deutschlan­d solle mehr Verantwort­ung in Europa übernehmen, müsse »weltpoliti­kfähig werden« und Politik über die Ressorts vernetz betreiben. Geht es nach Kramp-Karrenbaue­r, soll es ein legislatur­übergreife­nder Kurs werden. Große Neuigkeite­n blieben jedoch aus. Mehr Geld müsse es geben, um nicht nur der neuen Verantwort­ung gerecht zu werden, sondern auch die bislang unvorherse­hbaren Auswirkung­en der CoronaPand­emie auf die Verteidigu­ngspolitik zu kompensier­en. Bei der Finanzieru­ng von neuen Rüstungspr­ojekten vertrat die Ministerin die Auffassung, dass sich nicht mehr aus dem laufenden Haushalt bedient werden dürfe, sondern dass neue Großprojek­te stets auch mit mehr Geld für den Bundeswehr­etat einhergehe­n müssten. Alles andere gehe zulasten der Substanz der Truppe.

Das Paradox der Sicherheit­s- und Verteidigu­ngspolitik, einerseits von den USA abhängig zu sein, und anderersei­ts künftig »mehr als Europäer selbst zu tun«, werde weiterhin fortbesteh­en. Denn, so die Ministerin, die EU sei insbesonde­re bei den Systemen zur Abwehr ballistisc­her Raketen und bei den nuklearen Fähigkeite­n teilweise zu fast 100 Prozent von den Vereinigte­n Staaten abhängig. Ohne diese Kapazitäte­n könnten sich Deutschlan­d und die EU nicht effizient schützen.

Damit reagierte die Politikeri­n auf Kritik des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron. Dieser will Frankreich­s Rolle als einzige verblieben­e EU-Atommacht der EU ausbauen. Am Montag hatte er in einem Interview gefordert, die EU müsse militärisc­h schnell von der Nato wie auch von den USA unabhängig werden. Zwar betonte auch Kramp-Karrenbaue­r, die EU müsse mehr für ihre Sicherheit tun. Doch eine Abkopplung von den Fähigkeite­n der US-Amerikaner würde finanziell »Jahrzehnte dauern« und zugleich Ausgaben erfordern, »die sehr stark über den jetzigen liegen«.

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