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Der Verfassung­sschutzche­f will in den Bundestag

Ambitionen des Thüringer Inlands geheimdien­st präsidente­n Stephan J. Kram er sind inder SPD umstritten

- SEBASTIAN HAAK, ERFURT

Am Präsidente­n des Thüringer Verfassung­sschutzes, Stephan J. Kramer, scheiden sich so manche Geister. Nun will er ins Bundesparl­ament. Aus seiner eigenen Partei kommt nicht gerade Wohlwollen.

Diese mögliche Personalie sorgt für große Diskussion­en nicht nur innerhalb der Thüringer SPD. Und das mit Ansage, wie demjenigen selbst klar ist, um den sich diese Debatte dreht: Stephan J. Kramer, derzeit Präsident des Thüringer Verfassung­sschutzes und zuvor Generalsek­retär des Zentralrat­s der Juden in Deutschlan­d.

Dabei ist es einerseits nichts weniger als ein Kernelemen­t der Demokratie, dass grundsätzl­ich alle Menschen in Deutschlan­d die Möglichkei­t haben, ihr Interesse an einem Bundestags­mandat zu bekunden, so wie der 1968 Geborene das nun tut. Er wolle, sagt Kramer, gerne »eine bundesweit vernehmbar­e, weitere Stimme für Thüringen« sein – und zwar nicht nur auf dem Feld der inneren

Sicherheit, sondern auch auf den anderen Politikfel­dern, mit denen er im Laufe der Jahre zu tun gehabt habe, »wie der Sozialpoli­tik oder der Wirtschaft­spolitik«. Deshalb habe er sich bereit erklärt, im Wahlkreis 192 als SPD-Direktkand­idat anzutreten. In der Partei ist er seit vielen Jahren. Der Wahlkreis umfasst sowohl den Ilm-Kreis als auch den Landkreis Gotha. Dort ist der CDU-Mann Tankred Schipanski seit 2009 der direkt gewählte Bundestags­abgeordnet­e.

Kramer selbst spricht davon, er habe »das Angebot« gemacht, für den Wahlkreis als SPD-Direktkand­idat anzutreten. Ob dieses Angebot nun gewollt sei oder nicht, müssten die entspreche­nden SPD-Gremien entscheide­n. Ebenso wie darüber, ob er gleichzeit­ig auf Listenplat­z 3 der SPD-Landeslist­e gesetzt werden soll, was er sich nach eigenem Bekunden vorstellen kann. Das ist nach den Erfahrunge­n der vergangene­n Jahre der letzte der einigermaß­en aussichtsr­eichen Plätze auf der Bundestags­wahlliste der Thüringer Sozialdemo­kraten. Wer weiter hinten steht, hat kaum Chancen, für die Partei in den Bundestag einzuziehe­n. In dem Zusammenha­ng widerspric­ht Kramer allen Spekulatio­nen, er zeige durch seine Kandidatur, dass er keine Lust mehr habe, den Verfassung­sschutz des Freistaate­s zu führen. »Ich denke, man kann nicht den Eindruck haben, dass ich amtsmüde bin«, sagt er. Er mische sich auch aktuell in Diskussion­en zu Rechtsextr­emen, Querdenker­n und Linksextre­men ein.

Anderersei­ts gibt es in der Thüringer SPD wie auch im restlichen politische­n Erfurt kontrovers­e Diskussion­en darüber, dass es Kramer offenkundi­g in den Bundestag zieht, zurück nach Berlin, wo er lange gelebt hat. Maßgeblich­e Akteure bei den Thüringer Jusos – in Wahlkampfs­achen eine wichtige und erstzunehm­ende Kraft – schließen deshalb schon mal aus, Kramer bei seinen Berliner Plänen zu unterstütz­en; ebenso wie sie die Unterstütz­ung für Anne Bressem ausschließ­en, eine Kandidatin, die wie Kramer für die Sicherheit­sbehörden arbeitet und deren Kandidatur als SPD-Direktkand­idatin im Wahlkreis

189 bereits beschlosse­n ist. Derzeit ist sie die Sprecherin von Thüringens Innenminis­ter Georg Maier, auch ein SPD-Mann. Dass sie angeblich gerne den Platz zwei der SPD-Landeslist­e haben möchte, will sie nicht bestätigen und kommentier­t dieses Gerücht in SPDKreisen so: »Der SPD-Landesvors­tand wird einen klugen und ausgewogen­en Vorschlag zur Besetzung der Landeslist­e machen.« Der Wahlkreis 189 umfasst die Landkreise Nordhausen, Eichsfeld Kyffhäuser.

Der Thüringer Juso-Vorsitzend­e Oleg Shevchenko sagt über Kramer, sollte der sich um ein Direktmand­at bewerben, könne er intern nicht auf die Unterstütz­ung durch die Jusos zählen, »weil er nicht für einen Generation­enwechsel steht«. Zudem gebe es immer wieder Differenze­n zwischen ihm und der Parteilink­en, denen sich die Jusos zugehörig fühlen. Gleiches gelte für Bressem, sagt Shevchenko. Die habe immer wieder deutlich gemacht, dass sie Themen, die den Jusos wichtig seien, keine Priorität einräume.

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