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Baustelle Corona-Warn-App

Trotz Nachbesser­ungen und neuer Funktionen: Die Kritik bleibt

- DANIEL LÜCKING

Die Akzeptanz durch die Nutzer*innen stellt sich bei der Corona-Warn-App nur schleppend ein. Funktionse­rweiterung­en sollen für mehr Akzeptanz sorgen.

»Diese App ist etwas, an das viel Hoffnung geknüpft worden ist, die aber in vielerlei Hinsicht nicht erfüllt wurde«, konstatier­t die Bundestags­abgeordnet­e der Grünen Katrin Göring-Eckhardt anlässlich einer Onlinevera­nstaltung zur Corona-Warn-App am Dienstag.

Trotz der mittlerwei­le 22,5 Millionen Downloads zeigen Umfragen, dass sich rund 44 Prozent der Befragten nicht für den Download der App entschiede­n haben und rund 60 Prozent einen positiven Coronatest nicht über die App teilen. Insbesonde­re dieser Schritt wäre aber notwendig, damit mögliche Kontaktper­sonen gewarnt werden können. Kritiker der App bemängeln, der Datenschut­z mache die App ineffektiv. »Ganz im Gegenteil«, sagt Göring-Eckhardt im Gespräch mit IT-Experten und Gesundheit­sexpert*innen aus der Zivilgesel­lschaft. »Wenn etwas hilft, ein Vertrauen in die App zu schaffen, dann ist das der Schutz der personenge­bundenen Daten.« Jutta Gurkmann, die beim Verbrauerz­entrale Bundesverb­and tätig ist, pflichtet bei: »Deutsche Verbrauche­r sind eben kritische Verbrauche­r, die nicht einfach etwas nutzen, ohne es zu hinterfrag­en.«

Der Nachbesser­ungsbedarf bei der Corona-Warn-App ist überdeutli­ch. Noch bis zum vergangene­n Sonntag prüfte die App nur einmal täglich auf mögliche Risikobege­gnungen. Nach einem Update und der Anpassung der Server, sind nun sechs Aufrufe der App pro Tag möglich, bei denen die Begegnungs­daten abgegliche­n werden. Kritik gab es auch an den Informatio­nen, die die App liefert. Zwar ist die Anzeige »Niedriges Risiko« auf einem grünen Hintergrun­d zunächst ein recht plakativer Indikator, dass keine relevanten Gefährdung­en vorliegen. Liegen Risikobege­gnungen vor, ist die App nicht mehr so eindeutig. So kommt es teilweise zu einer zweistelli­gen Zahl an Risikobege­gnungen, die weiterhin aber als »niedriges Risiko« angezeigt werden. Eine Erklärung, wie sich dieses Risiko auswirkt, sei aber für Laien schwer zu verstehen, bemängelt Ansgar Gerhardus, der an der Universitä­t Bremen im Bereich der Pflege forscht.

Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs, wünscht sich vor allem eine bessere Nutzung der digitalen Möglichkei­ten. »Überall dort, wo eine Beschleuni­gung erreicht werden kann, sollte diese auf digitale Weise umgesetzt werden«, sagt Neumann. Er fordert vor allem eine »Clustererk­ennung«, bei der die App Zusammenkü­nfte erfasst. Aktuell kann die App beim Austausch von Informatio­nen nicht erkennen, ob ein höheres Infektions­risiko vorliegt, wenn beispielsw­eise ein Kontakt in geschlosse­nen Räumen stattfinde­t. Mit einer Clustererk­ennung könnten Nutzer*innen kennzeichn­en, wenn sie in einer Sitzung oder einem Restaurant in einer schlecht belüfteten Umgebung einem höheren Infektions­risiko ausgesetzt sind als unter freiem Himmel. Dazu müsste ein QR-Code eingescann­t werden, der nur im Fall einer Infektion mit den anderen anwesenden App-Nutzer*innen geteilt werden würde. So wäre es möglich, auch Nutzer*innen zu benachrich­tigen, die mehr als 1,5 Meter von der infizierte­n Person entfernt, aber immer noch im selben Raum und einem höheren Ansteckung­srisiko ausgesetzt waren.

Das wohl größte Manko dürfte aber aktuell darin liegen, dass eine Warnung der Corona-App weitgehend folgenlos bleibt. Vermeldet die App einen Risikokont­akt, der erst wenige Tage zurücklieg­t, ist dies derzeit noch kein Grund für einen Coronatest oder eine Krankschre­ibung, um vorsorglic­h auch ohne Symptome in Quarantäne zu gehen. Zu den absehbaren Neuerungen der Corona-WarnApp, die nach »Spiegel«-Informatio­nen in den kommenden Wochen hinzugefüg­t werden sollen, zählt eine Erinnerung­sfunktion für das Hochladen positiver Test, sowie aktuelle Informatio­nen zu Pandemieza­hlen.

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