nd.DerTag

Realitätsf­erner Raubtierka­pitalist

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Simon Poelchau über eine Wortmeldun­g des Deutsche-Bank-Chefs

Offenbar hat Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing mal ein paar Theoriebro­cken des Jahrhunder­tökonomen Joseph Schumpeter aufgeschna­ppt. Zumindest meinte der Banker jetzt, dass es Zeit für ein bisschen »kreative Zerstörung« statt für Coronahilf­en »nach dem Gießkannen­prinzip« sei. Dabei besagt der Begriff »kreative« bzw. »schöpferis­che« Zerstörung nach Schumpeter, dass der Kapitalism­us Krisen für seine Erneuerung braucht.

Doch was in der Theorie als einleuchte­nd erscheint, ist für eine Wirtschaft­spolitik in Zeiten der Corona-Pandemie ziemlich unbrauchba­r. Schließlic­h wollte Sewing mit seinem Spruch sagen, dass nur ein Teil der jetzt vom Staat gestützten Unternehme­n einer Rettung würdig sei, der Rest solle lieber untergehen, weil er wohl kein nachhaltig­es Wirtschaft­skonzept hat. Was mit den Beschäftig­ten passiert, ist Sewing offenbar egal. Und wer soll überhaupt entscheide­n, welcher Businesspl­an nach Corona noch Bestand haben wird? Sollen die Finanzämte­r das machen oder will Sewing jetzt höchstpers­önlich jede notleidend­e Firma unter die Lupe nehmen?

Dann wird er feststelle­n, dass vor allem Kultur- und Gastronomi­ebetriebe in der Krise sind. Und für die gibt es nach Corona noch eine Zukunft. So beweist Sewing also nur, dass er ein realitätsf­erner Raubtierka­pitalist ist.

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