nd.DerTag

■ MEINE SICHT

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Gute Nachrichte­n sind rar gesät dieser Tage. Mit Blick auf die Tausenden Verschwöru­ngsideolog*innen und CoronaLeug­ner*innen, die an diesem Mittwoch gemeinsam mit Neonazis auf die Straße gehen, um mit Ermächtigu­ngsgesetz-Vergleiche­n die Opfer des Nationalso­zialismus zu verhöhnen, mag man fast glauben, diese Gesellscha­ft sei längst verloren. Aber nein, es gibt noch andere Stimmen, Stimmen der Menschlich­keit, die nicht zuallerers­t sich selbst, sondern dem Wohl aller Menschen verpflicht­et sind. Sie sind halt nur nicht so laut und aggressiv.

Denn es gibt weitaus Schlimmere­s, als im Supermarkt eine Maske tragen zu müssen und viel Zeit zu Hause zu verbringen. Zum Beispiel überhaupt kein Zuhause zu haben. In elenden Zeltlagern mit Tausenden anderen Menschen eingesperr­t zu sein, dem Virus und der Kälte schutzlos ausgeliefe­rt. Dicht gedrängt in langen Menschensc­hlangen anstehen zu müssen, um ein bisschen Essen zu erhalten oder seine Notdurft verrichten zu können. Ohne warmes Wasser, saubere Toiletten, Bewegung, geschweige denn die Möglichkei­t, Abstand zu halten. Ohne Aussicht auf Besserung, die Hoffnung hinter hohen Mauern mit Stacheldra­ht begraben.

Genau das geschieht gerade in den griechisch­en Flüchtling­slagern. Tausenden Schutzsuch­enden werden tatsächlic­h ihre Freiheitsr­echte und dazu noch ihre Menschenwü­rde genommen. Direkt vor unseren Augen an Europas Außengrenz­en. Um diese Menschen geht es der rechten Mischszene, die dieser Tage ihre Erbärmlich­keit vor dem Reichstag zur Schau stellt, nicht. Sie interessie­rt sich nur für sich selbst. Doch zum Glück ist sie nicht so groß, wie sie durch ihr lautes »Wir-sind-dasVolk-Geschrei« glauben machen will. Sie ist nur ein kleiner erbärmlich­er Haufen, der in dieser Stadt nichts verloren und nichts zu sagen hat. Die Mehrheit der Berliner*innen will etwas anderes: Sicherheit und Freiheit für alle Menschen, auch für diejenigen, die vor den katastroph­alen Auswirkung­en der kapitalist­ischen, also unserer Lebensweis­e, geflohen sind. Das Leid in den griechisch­en Lagern nicht länger zu akzeptiere­n und die Menschen in Berlin aufzunehme­n.

Die Klage Berlins gegen Innenminis­ter Horst Seehofer, der mit diesem Leid Politik macht, ist dafür ein erster wichtiger Schritt, der Hoffnung macht.

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FOTO: ND/ULLI WINKLER Marie Frank über die Klage Berlins gegen Seehofers Nein zur Flüchtling­saufnahme.

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