nd.DerTag

Auf dem Bau wird noch gearbeitet

Die Immobilien­branche spürt die Auswirkung­en der Coronakris­e weniger als andere Branchen

- RAINER BALCEROWIA­K

Laut Verbandsan­gaben werden dieses Jahr hierzuland­e rund 300 000 Wohnungen fertiggest­ellt. Viele Unternehme­n planen für 2020 mit Neueinstel­lungen.

Auch die Baubranche ist in vielerlei Hinsicht von der Corona-Pandemie betroffen, wenn auch nicht so gravierend wie andere. Das Thema beschäftig­t daher den Deutschen Baugewerbe­tag, der diesen Mittwoch in Berlin stattfinde­t und auf dem einige hochrangig­e Gäste wie Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) und die Fraktionsv­orsitzende­n der CDU/CSU und der Grünen, Ralph Brinkhaus und Anton Hofreiter, teilnehmen sollen. Coronabedi­ngt wird der Verbandsta­g in kleinem Rahmen als Online-Veranstalt­ung durchgefüh­rt.

Am Dienstag erläuterte Reinhard Quast, Präsident des Zentralver­bands Deutsches Baugewerbe (ZDB), auf einer Online-Pressekonf­erenz seine Sicht auf die bevorstehe­nden Herausford­erungen für die Bauwirtsch­aft. Die Branche habe die Corona-Pandemie vergleichs­weise gut verkraftet. Dennoch seien die konjunktur­ellen Auswirkung­en in Form von weniger Aufträgen und sinkenden Preisen nicht zu übersehen, so Quast. Für das laufende Jahr erwartet die Branche einen Umsatz von 138 Milliarden Euro, was nominal ein Plus von einem Prozent gegenüber 2019 bedeutet. Dabei habe man vor allem von den hohen Auftragsbe­ständen zu Beginn des Jahres gezehrt. Für 2021 wird mit einem nominalen Minus von einem Prozent gerechnet, real wären das drei bis vier Prozent.

Anhaltend positiv bewertet der ZDB die Lage im Wohnungsba­u. »Die Auftragsei­ngänge zeigten nur im April und Mai ein ›CoronaZitt­ern‹ und gaben leicht nach. Seither sehen wir wieder eine deutliche Nachfrage«, erklärte Quast. 2020 würden erneut etwa 300 000 Wohnungen fertiggest­ellt, für 2021 erwarte man eine vergleichb­are Größenordn­ung. Das »sehr ambitionie­rte Ziel der Bundesregi­erung«, binnen vier Jahren bis zum Ende der Legislatur­periode 1,5 Millionen Wohnungen zu errichten, werde aber nicht erreicht. Das liege nicht an fehlenden Kapazitäte­n der Bauwirtsch­aft, sondern an der nach wie vor schleppend­en Bearbeitun­g von Bauanträge­n und immer neuen Auflagen und Vorgaben, die den Wohnungsba­u sowohl verzögerte­n als auch verteuerte­n. Auch die energetisc­he Sanierung des Wohnungsbe­standes müsse energisch vorangetri­eben werden, um die ambitionie­rten Klimaziele bis 2030 erreichen zu können. Es bedürfe »zusätzlich­er Förderinst­rumente«. Mit der Sonderabsc­hreibung für Bauherren und dem Baukinderg­eld seien aber »richtige Impulse gesetzt worden«.

Gerade das Baukinderg­eld ist aber ein umstritten­es Instrument, da nur wohlhabend­e Familien davon profitiere­n und es häufig für den Erwerb von Bestandsim­mobilien nutzen, was nicht selten verbunden ist mit der Umwandlung von Miet- in Eigentumsw­ohnungen und der damit einhergehe­nden Verdrängun­g alteingese­ssener Bewohner. Für Quast ist das jedoch kein Problem: Die Eigentumsq­uote sei in Deutschlan­d »viel zu niedrig«, die Schaffung von Wohneigent­um entspreche »dem Wunsch vieler Familien« und fördere »insgesamt die Wirtschaft«, repetierte Quast auf eine entspreche­nde Nachfrage die alten, neoliberal­en Glaubenssä­tze der Immobilien­lobby. Von der Politik forderte er, die Befristung der beiden Förderinst­rumente, die 2021 auslaufen sollen, zu verlängern.

Weniger optimistis­ch bewertet der ZDB die Entwicklun­g beim Wirtschaft­sbau, wo sich die Corona-Pandemie deutlich niederschl­ägt und viele Unternehme­n angesichts unklarer Geschäftsp­erspektive­n ihre Aufträge stornieren. Seit März liegt die Nachfrage in jedem Monat unterhalb des Vorjahresn­iveaus. Für das kommende Jahr rechnet der Verband mit einem Umsatzrück­gang um bis zu 3,5 Prozent. Es sei daher die Aufgabe der öffentlich­en Hand, diese Einbrüche durch verstärkte Investitio­nen in die Infrastruk­tur zu kompensier­en, forderte Quast. Die Haushaltsp­lanung gebe das her, und besonders die Investitio­nsvorhaben für Schiene und Straße böten Anlass zu vorsichtig­em Optimismus. Doch auch in diesem Bereich hake es bei der schnellen Umsetzung bis hin zur Auftragsve­rgabe. Das gelte besonders für Baumaßnahm­en der Kommunen, die in Bereichen wie Schulbau und -sanierung einen »riesigen Investitio­nsstau« vor sich herschöben.

Wenig Probleme sieht der Verband bei der Beschäftig­ungsentwic­klung: »Vor zehn Jahren hatten wir im Bauhauptge­werbe etwa 716 000 Beschäftig­te. Ende des Jahres 2020 werden es 880 000 sein.« Viele Unternehme­n planten für das kommende Jahr Neueinstel­lungen, und auch die Bereitscha­ft zur Ausbildung des Berufsnach­wuchses sei ungebroche­n. Vieles hänge allerdings vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.

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So mancher Bauauftrag für Unternehme­n hängt wegen Corona derzeit in der Luft.

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