nd.DerTag

Wald soll wirtschaft­lich bleiben

EU-Agrarminis­ter einigen sich auf Vorschläge für Forststrat­egie 2020

- HAIDY DAMM

Den europäisch­en Wäldern geht es schlecht. Ob das mit der neuen Waldstrate­gie der EU-Kommission besser wird, ist nicht ausgemacht. Nun haben die Mitgliedst­aaten sich auf Punkte geeinigt.

Lobende Worte gab es einige beim Treffen der EU-Agrarminis­ter*innen zu Wochenbegi­nn. Ein »Multitalen­t«, gar ein »Alleskönne­r« sei der Wald, so Bundesagra­rministeri­n Julia

Klöckner (CDU), die wegen der deutschen EU-Ratspräsid­entschaft die Sitzung leitete. Im Herbst will die EU-Kommission ihre Forststrat­egie ab 2021 vorlegen, die Mitgliedst­aaten haben sich hierfür nun auf gemeinsame Ratsschlus­sfolgerung­en geeinigt.

Im Kern unterstütz­en die Mitgliedst­aaten die drei Hauptziele der EU-Kommission, die dann für die kommenden zehn Jahre gelten sollen. Demnach soll eine nachhaltig­e und multifunkt­ionale Waldbewirt­schaftung unterstütz­t werden. Dazu gehört sowohl der Holzverkau­f wie auch die Waldnutzun­g als Naherholun­g oder die ökologisch­e Bedeutung der Wälder. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, sollen Millionen von Waldbesitz­er*innen von der EU und den Mitgliedst­aaten unterstütz­t werden. Zudem soll die EU-weite Forstpolit­ik besser koordinier­t werden – sowohl die Zusammenar­beit zwischen den Mitgliedst­aaten als auch mit der Kommission sowie mit Interessen­vertreter*innen soll verbessert werden.

Groß ist der Spielraum der EU-Kommission nicht, denn Waldpoliti­k ist Sache der einzelnen Länder. Daran soll auch die neue Strategie nichts ändern. Für Julia Klöckner haben die gemeinsame­n Schlussfol­gerungen dennoch eine »hohe Bedeutung«. »Die Stärkung unserer Wälder geht einher mit einer nachhaltig­en Forstwirts­chaft. Wir brauchen eine kluge Balance zwischen Klimaschut­z, Biodiversi­tät und Wirtschaft­lichkeit.«

Von den 161 Millionen Hektar Wald in Europa stehen 134 Millionen Hektar für die Holzgewinn­ung zur Verfügung. Der Hauptnutze­n besteht mit 42 Prozent in der Energiegew­innung, während 24 Prozent für Sägewerke, 17 Prozent für die Papierindu­strie und 12 Prozent für die Holzplatte­nindustrie genutzt werden. Beim Treffen der Agrarminis­ter*innen bestanden vor allem die waldreiche­n Länder auf dem Punkt der Wirtschaft­lichkeit. So verwies die österreich­ische Agrarminis­terin Elisabeth Köstinger auf die wachsende Bedeutung der Waldwirtsc­haft als Rohstoffli­eferant für die Bauindustr­ie. Wald sollte deshalb nicht allein nach seiner Bedeutung als CO2-Senke beurteilt werden.

Klimawande­l und nicht nachhaltig­e Waldbewirt­schaftung bedrohen die Wälder in Europa. Eine im Green Deal der EU-Kommission angekündig­te Strategie soll zerstörte Wälder aufforsten. Umweltschü­tzer*innen fordern, die EU müsse dabei »der Verlockung widerstehe­n, jetzt vor allem auf plantagena­rtige Aufforstun­gen mit schnell wachsenden Baumarten zu setzen, um diese auf die Klimaziele anrechnen zu lassen«, so Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Stattdesse­n müssten Mischwälde­r gefördert werden, die den Auswirkung­en des Klimawande­ls besser standhalte­n können. Laut Jana Ballenthie­n, Waldrefere­ntin der Umweltkamp­agnenorgan­isation Robin Wood, müsse die EU zudem unbedingt dafür sorgen, dass bestehende Ur- und Naturwälde­r geschützt werden. Eine Waldstrate­gie dürfe nicht, wie bisher, »unter der Prämisse der wirtschaft­lichen Nutzung von Holz« stehen.

»Die Stärkung unserer Wälder geht einher mit einer nachhaltig­en Forstwirts­chaft. Wir brauchen eine kluge Balance zwischen Klimaschut­z, Biodiversi­tät und Wirtschaft­lichkeit.« Bundesagar­ministerin

Julia Klöckner

Eine zentrale Herausford­erung ist aus Sicht von Umweltschü­tzer*innen auch der Stopp des Raubbaus an den letzten Urwäldern Europas. Der stand beim Treffen des EURats nicht auf der Tagesordnu­ng. In Rumänien, Bulgarien und der Ukraine werden jahrtausen­dealte Urwälder abgeholzt, obwohl sie teils zum Unesco-Weltnature­rbe zählen. Auch ein von der EU-Kommission im März eingeleite­tes Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Rumänien hat an der Praxis des illegalen Raubbaus bisher nichts geändert. »Seit dem Start des Verfahrens sind weitere Tausende Hektar Urwald unwiederbr­inglich verloren gegangen«, erklärte am Dienstag der EU-Abgeordnet­e Sven Giegold. Rund 80 Europaabge­ordnete haben sich deshalb an die Kommission gewandt, »alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die rumänische Regierung zu zwingen, die Zerstörung dieser Wälder durch illegalen Holzeinsch­lag zu beenden«.

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