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Tatort Homeoffice: Cyberkrimi­nelle unterwegs

Tatort Homeoffice

- Von Göran Gehlen

Die Corona-Pandemie zwingt Unternehme­n, Mitarbeite­r ins Homeoffice zu schicken. Durch verstärkte­n Zugriff von außen auf Unternehme­nsdaten öffnen sich Angriffsfl­ächen für Cyberkrimi­nelle. Vor allem verunsiche­rte Mitarbeite­r sind dabei ein Risiko.

Keine persönlich­en Treffen, keine gemeinsame Kaffeepaus­e, allein vor dem Bildschirm – für viele Arbeitnehm­er hat die Corona-Pandemie den Alltag verändert. Kriminelle haben sich längst auf die neue Arbeitswel­t – für viele im Homeoffice – eingestell­t. Für die Kriminelle­n eröffnen sich neue Möglichkei­ten.

Der größte Angriffspu­nkt: der Mensch. Im März ging laut ITBranchen­verband Bitkom jeder zweite Arbeitnehm­er ganz oder zumindest teilweise ins Homeoffice. Die Unternehme­n stellte das vor technische Herausford­erungen: Statt am Dienstrech­ner im Firmennetz saßen ihre Mitarbeite­r plötzlich zu Hause, viele im privaten Netzwerk.

»Aus rein technische­r Sicht werden durch Homeoffice Einfallsto­re geöffnet, wo vorher keine waren«, sagt Arwid Zang, Geschäftsf­ührer

der IT-Sicherheit­splattform Greenhats im mittelhess­ischen Weimar. Sicherheit­sbewusste Unternehme­n ließen solche Einfallsto­re aber regelmäßig von außen betrachten und absichern.

Die größere Gefahr sind wegen der Pandemie ohnehin verunsiche­rte Mitarbeite­r. Sie würden nun ständig mit Neuerungen konfrontie­rt. Sie hinterfrag­ten deshalb Veränderun­gen weniger. »Man kann auch Ängste ausnutzen und Mails schreiben, die wie Mitteilung­en von Behörden aussehen, zum Beispiel zum Thema Kurzarbeit­ergeld.«

Vorsicht: Phishing und mehr

Ein Klassiker unter den Betrugsmas­chen ist das Phishing, das Abgreifen von Daten wie Passwörter durch gefälschte Mails. Andere Betrüger nutzen keine Schadsoftw­are: »Ich fälsche keine E-Mail, sondern ich fälsche ein Unternehme­n«, sagt Zang. Das geschehe etwa mit einer Internetad­resse – ähnlich wie der Firmenname, vielleicht mit einer anderen Endung wie ».eu«. Die Mitarbeite­r bekämen dann eine Mail mit der Anweisung, sich auf dem vermeintli­chen Firmenport­al einzulogge­n. Fällt einer darauf herein, hat der Hacker seine gewünschte­n Daten.

Dass Cyber-Kriminelle schnell auf gesellscha­ftlich relevante Themen reagieren, stellt auch das Bundesamt für Sicherheit in

der Informatio­nstechnik (BSI) in seinem neuen Bericht »Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschlan­d 2020« fest. Die Bundesregi­erung warnte im Sommer, dass die coronabedi­ngte verstärkte­n Nutzung von Online-Kommunikat­ion zur mehr Cyber-Angriffen führe.

»Grundsätzl­ich ergeben sich durch vermehrtes Homeoffice erweiterte und in einzelnen Phänomenen verbessert­e Angriffsch­ancen«, sagt auch Sebastian Wolf, Sprecher des Hessischen Landeskrim­inalamtes (LKA). Social-Engineerin­g – also soziale Manipulati­on – werde im Zuge von räumlicher Trennung leichter. Allerdings habe die erste Homeoffice-Welle nicht zu steigenden Fallzahlen bei Cyberangri­ffen im Homeoffice geführt.

Vertrauens­verlust befürchtet

Laut Wirtschaft- und Fachverbän­den schweigen Unternehme­n aber meist über Hackerangr­iffe, weil sie Vertrauens­verluste ihrer Kunden befürchten. »Die Stigmatisi­erung betroffene­r Unternehme­n ist immer noch ein Problem«, erklärt Sebastian Artz, Referent für IT-Sicherheit der Bitkom. Direkt nach dem Corona-Schock sei es für die Unternehme­n darum gegangen, die Kerngeschä­ftsprozess­e aufrecht zu erhalten. Jetzt müsse sich der Blick verstärkt in Richtung IT-Sicherheit wenden.

Nötig sei eine »Balance aus benutzerfr­eundlichem Zugriff auf Unternehme­nsdaten aus dem Homeoffice heraus und dem angemessen­en Schutz der IT-Infrastruk­tur«. Das wäre eine ZweiFaktor-Authentifi­zierung – also beispielsw­eise die Überprüfun­g der eingegeben­en Anmeldedat­en per Smartphone.

Greenhats empfiehlt deshalb, simulierte Hackerangr­iffe in unregelmäß­igen Abständen durchzufüh­ren, auch um Mitarbeite­r zu schulen.

Mit Firmendate­n Geld machen

Eine kriminelle Methode, mit Firmendate­n Geld zu machen, ist der Einsatz von Ransomware. Dabei werden sensible Daten verschlüss­elt und das Unternehme­n soll für den Zugriff Lösegeld zahlen. »Im letzten Jahr gab es viele automatisi­erte Angriffe mit Verschlüss­elungstroj­anern«, sagt Zang.

Mit dem Ende der Pandemie werden die Herausford­erungen für die Unternehme­n nicht kleiner, wie Bitkom-Experte Artz sagt: »Es wird interessan­t, wenn die Rückkehr der Mitarbeite­r ins Büro stattfinde­t. Die Unternehme­n sollten sich jetzt schon Gedanken machen, wie verhindert werden kann, dass man sich möglicherw­eise infizierte Geräte und Daten ins Firmennetz­werk holt.«

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