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Neuer Referenzzi­ns ein Fass ohne Boden

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Der Bund der Versichert­en (BdV) befürchtet durch die Veränderun­g des Referenzzi­nses massive Auswirkung­en auf die Solvenz der Lebensvers­icherer.

Die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (BaFin) hat dem Bund der Versichert­en den neuen Referenzzi­ns der Zinszusatz­reserve (ZZR) mitgeteilt. Er sinkt von jetzt 1,92 Prozent auf 1,73 Prozent. Das ist die stärkste Senkung seit drei Jahren und lässt Schlimmes befürchten. Denn damit ist für 2021 eine stärkere Erhöhung der ZZR zu erwarten als in den letzten beiden Jahren.

Schon jetzt jedoch können viele Lebensvers­icherer die ZZR kaum noch schultern. »Wir erwarten branchenwe­it eine Erhöhung der ZZR von etwa 80 auf knapp 100 Milliarden Euro.

Wenn überhaupt, werden einige Versichere­r die zusätzlich­e Belastung nur durch das Verscherbe­ln des Tafelsilbe­rs stemmen können«, befürchtet Axel Kleinlein, Vorstandss­precher des BdV. »Ohnehin angezählte­n Versichere­rn kann die unerwartet hohe zusätzlich­e Belastung die Solvenz kosten«, so Kleinlein.

Vom neuen Referenzzi­ns sind damit erstmals auch solche Tarife betroffen, die mit einem Rechnungsz­ins von 1,75 Prozent kalkuliert sind. Dieser Zins galt bis 2015. Die Versichere­r müssen nun auch für Verträge zusätzlich­e Reserven bilden, die zwischen 2012 und 2014 abgeschlos­sen wurden.

»Die Strategie, mittels neuartiger Tarife der Zinsfalle zu entgehen, ist damit gescheiter­t«, so der BdV-Vorstandss­precher Axel Kleinlein. Auch für viele Verträge der sogenannte­n »Neuen Klassik« müssen Versichere­r nun Gelder zurücklege­n.

Die Probleme sind hausgemach­t, denn die Versichere­r haben sich in den 1980er und 1990er Jahren mit zu hohen Garantien massiv verkalkuli­ert. Noch vor zwei Jahren konnte die

Politik der Branche mit einer Verordnung­sänderung helfen. Doch für politische Schützenhi­lfe ist kein Spielraum mehr. »Wir reden bei der ZZR mittlerwei­le von einem Reservieru­ngsbedarf von heute knapp 100 Milliarden, der bis 2025 auf etwa 150 Milliarden steigt. Das ist ein Fass ohne Boden«, warnt Kleinlein.

Dennoch befürchtet der BdV, dass im Wahljahr Lebensvers­icherer durch Steuergeld­er gestützt werden – milliarden­schwere Wahlgesche­nke, die verpulvert wären.

Für den BdV zeigt sich ein weiteres Mal: Lebensvers­icherungen sind zur Altersvors­orge ungeeignet. Verbrauche­r sollten keine kapitalbil­denden Lebensvers­icherungen abschließe­n. Versichert­e mit Altverträg­en sollten sorgfältig prüfen, ob eine Weiterführ­ung, Beitragsfr­eistellung, Verkauf oder Kündigung sinnvoll sein kann. Dabei hilft der Lebens- und Rentenvers­icherungsr­echner des BdV.

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