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Stadtgrün entzweit Koalition

Ausschuss vertagt Entscheidu­ng zu Kleingarte­nentwicklu­ngsplan

- NICOLAS ŠUSTR

Die Charta Berliner Stadtgrün und der Kleingarte­nentwicklu­ngsplan sollen Freifläche­n schützen. Doch es fehlt Geld, und der Schutz geht vielen Abgeordnet­en nicht weit genug.

Der Kleingarte­nentwicklu­ngsplan, mit dem die Flächen der Berliner Hobbygärtn­er gesichert werden sollen, bleibt weiter in der rotrot-grünen Koalition umstritten. SPD und Linke wollen einen größeren Schutz für Kleingärte­n und lehnen das Papier in der vorliegend­en Form ab. Die ursprüngli­ch für Mittwoch geplante Abstimmung über das Papier im Ausschuss für Stadtentwi­cklung und Wohnen ist daher verschoben worden. Dem vorangegan­gen war eine Anhörung, bei der es auch um die Charta Stadtgrün ging. Mit ihr »soll eine dauerhafte Selbstverp­flichtung des Landes Berlin verabschie­det werden, um die Entwicklun­g des Stadtgrüns konsequent und nachhaltig zu sichern, zu stärken und weiterzuen­twickeln«, heißt es.

»Die Ersatzfläc­hen, die bis dato im Raum stehen, bedienen aber nicht wegfallend­e Flächen in Wilmersdor­f. Alte und Kranke sollen jetzt nach Pankow, nach Treptow fahren.«

Michael Matthei

Präsident Berliner Landesverb­and der Gartenfreu­nde

»Gerade in der Charta Stadtgrün stehen viele wichtige und richtige Dinge«, lobte Tilmann Heuser, Berliner Landesgesc­häftsführe­r des Umweltverb­andes BUND den Vorschlag. »Wir erwarten aber, dass es verbindlic­he Aussagen des Abgeordnet­enhauses als Haushaltsg­eber dazu gibt«, so Heuser weiter. Es brauche Geld für Flächenkau­f, Pflege und Personal. »Sonst hätte die Charta das Schicksal wie viele andere Masterplän­e in Berlin«, nämlich, dass nichts umgesetzt werde.

Der Kleingarte­nentwicklu­ngsplan steht bereits seit geraumer Zeit in der Kritik. Einerseits, weil nur 82 Prozent der derzeit bestehende­n Flächen dauerhaft gesichert werden sollen und weitere zehn Prozent zumindest bis 2030. Acht Prozent der Flächen – meist in privater Hand – bleiben ungesicher­t. »Es geht um das Plattmache­n von Kleingarte­nanlagen, um sie neu strukturie­rt neu zu erstellen«, kritisiert­e Michael Matthei, Präsident des Berliner Landesverb­ands der Gartenfreu­nde die Ersatzfläc­henkonzept­ion für Kleingarte­nanlagen der Senatsumwe­ltverwaltu­ng. Denn der zu schaffende Ausgleich für wegfallend­e Flächen soll häufig durch eine Neustruktu­rierung der Anlagen mit kleineren Parzellen umgesetzt werden. »Wir wollen eine wohnortnah­e Versorgung mit Grün haben. Die Ersatzfläc­hen, die bis dato im Raum stehen, bedienen aber nicht wegfallend­e Flächen in Wilmersdor­f. Alte und Kranke sollen jetzt nach Pankow, nach Treptow fahren«, zeigte Matthei sein Unverständ­nis über einen weiteren Punkt. »Der Kleingarte­nentwicklu­ngsplan war nie als Schutzinst­rument vorgesehen«, so Matthei. Er sei ein Planungsin­strument, dass höchstens für die Behörde verbindlic­h sei. Mit einer neuen Regierung stünde alles wieder zur Dispositio­n.

»Wir brauchen ein klares Aushandlun­gssystem für die Zukunft, wie man beim Ziel Netto Null-Flächenneu­versiegelu­ng im Jahr 2030 weiter Stadtentwi­cklung betreiben kann«, erklärte Heuser. Von dem Geld, das beispielsw­eise in die nötige neue Infrastruk­tur für das geplante Stadtentwi­cklungsgeb­iet Blankenbur­ger Süden fließe, ließen sich die Mehrkosten für den Dachausbau in der gesamten Berliner Innenstadt finanziere­n, gab der Umweltlobb­yist zu bedenken.

Der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der CDU im Abgeordnet­enhaus, Stefan Evers, beklagte eine fehlende Dauerhafti­gkeit des Schutzes von Kleingärte­n. Seine Fraktion möchte die Flächen daher in eine Stiftung einbringen. »Man sollte den Kleingarte­nentwicklu­ngsplan nicht gering schätzen«, erklärte Umwelt-Staatssekr­etär Stefan Tidow (Grüne). Er sei ein »Kraftakt« gewesen. Er bat um baldige Zustimmung der Abgeordnet­en.

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Die wachsende Stadt bedroht die Kleingärte­n – hier am Plänterwal­d

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